Die kleinen Dinge in Italien

helle Fassaden südeuropäischen Stils von Häusern im Hintergrund. Davor kleine Rasenflächen mit kleinen Bäumen.
In den malerischen Innenhöfen lässt es sich entspannen. Foto: Sophie Knorr.

Unsere Autorin Sophie Knorr berichtet von dem italienischen Lebensgefühl, welches sie in ihrem Auslandssemester in Florenz zu schätzen gelernt hat.

Während ich diesen Artikel verfasse, sitze ich in einem wunderschön malerischen Innenhof eines Cafés mitten in Florenz, lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen und nippe ab und zu an einer Espressotasse. Dabei denke ich mir, dass diese Szenerie gut und gerne einem Film entstammen könnte, der das Dolce Vita in Italien widerspiegeln soll. In einer solch künstlerisch anmutenden Kulisse kommt die Inspiration zum Schreiben natürlich ganz von alleine, denn das Lebensgefühl ist automatisch ein ganz anderes als im guten alten Deutschland.

Seit drei Monaten bin ich nun schon hier, denn ich habe mich für ein Auslandssemester im schönen Italien entschieden. Dies ist das Stichwort für das Thema, um das es in diesem Artikel gehen soll: Die kleinen Dinge in Italien, welche das Leben hier auszeichnen und lebenswert machen. Je mehr Zeit ich hier in bella Italia verbringe, desto mehr Kleinigkeiten fallen mir auf, von denen wir Deutschen uns teilweise auch ein Scheibchen abschneiden können. Ich dachte mir, dass es nicht schaden kann, Bewusstsein dafür zu schaffen, sollte bei Euch auch demnächst eine Italienreise anstehen. Im besten Falle können meine Zeilen vielleicht sogar als Inspiration für den Einen oder Anderen dienen, um das Leben zukünftig etwas angenehmer und entspannter zu gestalten. Deshalb habe ich fleißig für euch gesammelt und möchte euch die Ergebnisse nicht weiter vorenthalten.

Pronto?

Während ich hier sitze, fällt mir sofort wieder auf, was für eine schöne Sprache mich hier dauerhaft umgibt. Diesbezüglich lautet meine These stets: Wenn man als Deutscher denkt, die Betonung der Wörter wäre übertrieben, so ist es im Italienischen genau richtig. Deshalb klingt die Sprache so melodisch, fast wie ein Gedicht. Es macht einfach Spaß, den Italiener*innen zuzuhören! Dafür muss man noch nicht einmal zwangsläufig Italienisch verstehen, der Klang alleine vermittelt einfach schon ein Gefühl von Urlaub, Schönheit und Leichtigkeit. Alleine das typische „Pronto?”, wenn Italiener einen Anruf annehmen, klingt deutlich schöner als unser plumpes „Ja? Hallo?”.

Während ich hier sitze, kommen immer wieder neue Leute in das Café und begrüßen sich mit angedeuteten Küsschen rechts und links auf der Wange. Mir kommt der Gedanke: Was für eine schöne Art „Hallo” zu sagen! Für mich wirkt dies viel wertschätzender und herzlicher als die bei uns eher typische, einfache Umarmung oder auch mal nur ein kurzes „Hi”. Diese Begrüßung ist geschlechtsunabhängig – auch Jungs untereinander begrüßen sich so, was ich persönlich total süß finde. Denn warum sollten sich nicht auch gute Freunde zeigen, dass sie sich nahe stehen? In meiner Vorstellung wäre es total schön, wenn wir eher distanzierten, freundlich reservierten Deutschen diese Begrüßung ebenfalls etablieren würden.

Den Kaffee kann man sich hier auch als armer Studierender übrigens super gut leisten, (was mir sehr in die Karten spielt und einen weiteren riesigen Faktor darstellt, der für Italien spricht, da ich mich definitiv als süchtig einstufen würde). Cappuccino liegt hier beispielsweise in allen Cafés nur bei 1,50 bis 1,80 Euro. Auffällig ist außerdem, dass die Leute hier im allgemeinen zufriedener wirken, auch ohne einen hochkarätigen Job. Die Kellner*innen habe ich bisher überall ausnahmslos freundlich erlebt und sie vermitteln den Anschein, als hätten sie Freude an dem, was sie tun. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, auch im Supermarkt oder anderen Geschäften ist das meine Beobachtung, in Deutschland fällt mir oft das Gegenteil auf. Dort zeigen die Leute oftmals, dass sie auch gerade lieber woanders wären.

Ein Tisch mit einer Tasse, welche deutsch-rot-goldene Akzente beinhaltet.
Dezente Erinnerungen an die Heimat wie auf dem Kaffeeservice dürfen trotzdem nicht fehlen. Foto: Sophie Knorr.

Piano, piano!

Hier ist gute Laune allgegenwärtig, die Leute wirken leichtlebiger und entspannter und man lässt es gerne mal „piano piano”, also immer mit der Ruhe, angehen. Auch das ist nicht gerade eine Stärke von uns Deutschen – Warten und Dinge langsam angehen lassen. An Freund*innen und Familienmitgliedern, die mich hier in Florenz bereits besuchten, wurde mir dies noch einmal verdeutlicht. Nach zehn Minuten des Wartens im Restaurant wurden sie unruhig und fragten, ob denn nun nicht bald jemand kommen und unsere Bestellungen aufnehmen könnte. Nicht nur einmal habe ich dieses Szenario erlebt. Wir Deutschen können einfach nicht gut warten! Obwohl wir auf einer sehr schönen Piazza saßen und das bunte Treiben, das uns umgab, beobachten und die Sonne genießen hätten können und wir keinerlei Zeitdruck hatten, war das Warten nur schwer erträglich und es stellt sich die Frage: Warum eigentlich? Es gab keinen offensichtlichen Grund, aber es liegt wohl in unserer Natur, alles auf der Stelle zu wollen – Zeit ist schließlich Geld! Vielleicht würde uns in manchen Momenten jedoch etwas mehr „piano piano” auch gut tun statt der üblichen Hektik einfach mal den Moment zu genießen!

Non ti preoccupare

Auch ich musste lernen, diese Lebensart anzunehmen. Der Satz, welcher mir hier am häufigsten von Anfang an begegnet war, ist „non ti preoccupare!”, zu deutsch: „Mach dir keine Sorgen!”. Denn es gibt hier stets für alle Probleme eine Lösung und alles ist nur halb so schlimm, wie man vermutet, so lautet hier stets das Motto. Und tatsächlich sollten die Italiener*innen damit recht behalten und es klappte letztendlich immer alles weitaus problemloser, als ich es vermutet hätte. Im bürokratielastigen Deutschland lassen sich Angelegenheiten nicht immer ganz so einfach regeln, das wissen wir alle… Ein Mittelmaß wäre eventuell angemessen. Was Italiener*innen manchmal vielleicht etwas zu entspannt sehen, sehen wir Deutschen oft zu verkopft. Wenn beide einen Schritt in die entgegengesetzte Richtung machen würden, würde es in Zukunft vielleicht in beiden Ländern besser klappen.

Was auch unbedingt genannt werden muss, wovon sich Deutschland definitiv eine Scheibe abschneiden kann, ist, dass hier die Bahn tatsächlich so gut wie immer pünktlich ist! (An dieser Stelle erübrigt sich wohl ein Kommentar zur Dienstleistung der Deutschen Bahn, denn wir wissen wohl alle, wovon die Rede ist…) Als deutsche*r Staatsbürger*in nur schwer vorstellbar, aber es funktioniert tatsächlich! Die Züge stehen in der Regel sogar bereits mindestens eine Viertelstunde oder länger vor der Abfahrtszeit am Gleis!!! Leider müssen wir uns eingestehen, dass die Nation, die für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit bekannt ist, hier von den Italiener*innen noch lernen kann.

Abschließend möchte ich appellieren die Aperitivo-Kultur, wie sie in Italien besteht, auch in Deutschland einzuführen. Dieses Konzept finde ich perfekt und fehlt uns leider bisher. Es sieht folgendermaßen aus: Getroffen wird sich zwischen fünf und sieben Uhr auf einen Drink und Snacks, welche man kostenlos vom Restaurant dazu erhält, um ein bisschen zu quatschen. Geht man während der genannten Uhrzeit an Restaurants und Bars entlang, sieht man die Leute reihenweise dort mit Aperol Spritz oder Ähnlichem sitzen. Aperitivo ist quasi ein fester Bestandteil des Tages und ist etwas entspannter als ein Abendessen. Die Stimmung am frühen Abend, wenn die Sonne langsam tiefer steht, ist die schönste am Tag.

Bella Italia

Vielleicht habt Ihr nun auch Lust auf Italien bekommen und bei der nächsten Reise fallen Euch vielleicht die ein oder anderen Dinge auf, die ich beobachten konnte. Natürlich will ich damit nicht sagen, dass in Deutschland alles schlecht ist! Vieles funktioniert auch eindeutig besser als im sonnenverwöhnten Italien. Ich halte es allerdings für wichtig, ein offenes Auge für die kleinen Dinge zu haben, die das Leben besonders machen. Wenn wir unsere Einstellung zu einigen Dingen ändern würden, könnte uns vieles eventuell etwas leichter fallen. Auch ich werde versuchen, ein Stück Italien für mich mit nach Deutschland zu nehmen und Ihr nun vielleicht auch! In diesem Sinne: Ciao aus Florenz!

Von Sophie Knorr

Beitrag erstellt am: 06.09.2023 um 09:18 Uhr
Letzte Änderung am: 06.06.2024 um 09:32 Uhr