Kein Einserschnitt und trotzdem ein Stipendium – Warum nicht?!

Urkunde auf Hochschulbank im Hörsaal
Stipendien sind eine Möglichkeit das Studium zu finanzieren. Foto: Lucas Lorenz

Der Weg zu der zinslosen Studienförderung und ihre vielfältigen Möglichkeiten.

Stipendien für WeltretterInnen, TüftlerInnen und RevolutionärInnen, für schlechte Noten, für Abenteuerlustige oder Orientierungslose: Das klingt zu schön um wahr zu sein und doch geht es. Genutzt wird es nur viel zu selten. Lediglich etwa vier Prozent der Studierenden beziehen die zinslose Förderung. Dabei scheint es an Angeboten nicht zu mangeln.

Neben BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz), Nebenjob oder Studienkredit, ist das Stipendium keine schlechte Option für die Studienfinanzierung. Der Vorteil: Im Regelfall muss es nicht zurückgezahlt werden. Vergeben werden die Förderungen an SchülerInnen und Studierende, aber auch an Kunstschaffende, SportlerInnen oder WissenschaftlerInnen. Das Angebot scheint in Deutschland allerdings nicht immer voll ausgenutzt zu werden. Der Grund dafür ist nicht etwa, dass viele keinen Anspruch hätten, sondern, weil sich kaum jemand bewirbt. Schätzungen des Wochenmagazins Zeit zufolge kann fast jede fünfte Stiftung ihre Gelder nicht vollständig vergeben. Jährlich sind deshalb mehrere Millionen an Fördergeldern übrig, die nicht in Anspruch genommen werden.

Im Angebotsdschungel

In Deutschland vergeben, neben den großen bekannten Begabtenförderungserken, wie beispielsweise parteinahe Stiftungen oder die Stiftung der Deutschen Wirtschaft, rund 2.500 Institutionen Stipendien. Daher lohnt es sich nach kleinen, regionalen und eher unbekannten Anbietern zu suchen. Denn gerade kleinere Stiftungen haben oftmals einen unkomplizierten Bewerbungsprozess. In vielen Fällen ist eine Bewerbung per E-Mail möglich und nur ein Anschreiben mit Lebenslauf gefragt. Einige Stiftungen fordern auch aufwändigere Bewerbungsunterlagen, wie beispielsweise Gutachten. Trotzdem wird eine Bewerbung in jedem Fall weniger Zeit in Anspruch nehmen als ein Nebenjob. Bei der Suche nach dem richtigen Angebot, kann die Datenbank des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (stipendienlotse.de) oder aber Portale wie myStipendium.de helfen. Doch wie entscheiden die Anbieter, wer eine Förderung bekommt und wer nicht?

Eines der Kriterien ist bei vielen Stiftungen das Fachsemester. Hier sollten sich InteressentInnen informieren, da Einige nur BewerberInnen annehmen, die sich maximal im dritten Fachsemester befinden. Auch Studierenden, die ein zweites Studium begonnen haben, verwehren einige Stiftungen die Förderung. Die finazielle Unterstützung variiert dabei stark und liegt zwischen 300 und 1500 Euro, sodass bei der Auswahl ebenfalls auf die Förderhöhe geachtet werden sollte. Mehrere Stipendien sind in der Regel nicht kombinierbar.

Weniger Druck im Studium

Auch Katharina Saga, die Medienkulturwissenschaften und Germanistik an der Universität zu Köln studiert, befasste sich nicht von Anfang an mit Stipendien. Erst als sie aufgrund ihrer guten Noten vom Prüfungsamt dazu motiviert wurde, bei der Studienstiftung des deutschen Volkes. „Und da habe ich mir gedacht, dann bewerbe ich mich noch woanders,“ erzählt die 21-Jährige. Es folgte eine Bewerbung beim Deutschlandstipendium. Anfängliche Schwierigkeiten bereitete es Saga, ein Empfehlungsschreiben von einer ProfessorIn zu bekommen. „Ich kannte keine(n) richtig gut. Letztendlich habe ich dann doch in Germanistik jemanden für das Empfehlungsschreiben gefunden“, berichtet sie. Das ist allerdings nicht bei jeder Bewerbung Pflicht. Tatsächlich sei der Aufwand bei der Studienstiftung des deutschen Volkes noch größer gewesen, da diese zusätzlich ein dreiseitiges Motivationsschreiben und einen ausformulierten Lebenslauf verlangte, weiß sie aus Erfahrung.

Schließlich wurde sie beim Deutschlandstipendium von einem privaten Förderer ausgewählt und traf ihn im Januar bei einem Get together, einem Treffen zwischen FörderInnen und Geförderten. Die 300 Euro, welche sie monatlich ein ganzes Jahr vom Deutschlandstipendium erhält, nehmen ihr ein wenig den Druck im Studium: „Mit dem zusätzlichen Geld habe ich etwas, was ich auf die Seite legen kann, um zukünftige unbezahlte Praktika zu finanzieren. Außerdem muss ich nicht jeden Cent für den Urlaub umdrehen“, erzählt Saga.

Studierende zeigt ihre Stipendiumsurkunde
Für Katharina Saga ist das Stipendium ein Stück Unabhängigkeit. Foto: Lucas Lorenz

Bessere Noten = bessere Chancen?

Anstoß für die 21-Jährige war der Hinweis auf ihre guten Noten. Doch ist der Notendurchschnitt das einzige Kriterium bei der Auswahl der BewerberInnen? Obwohl in erster Linie das Deutschlandstipendium ein Leistungsstipendium ist, so Bianca Weides von der Universitätsförderung Köln, zählen auch Kriterien wie gesellschaftliches Engagement und die Überwindung biographischer Hürden. Diese „haben vor allem den Zweck, die erbrachten Leistungen zu korrigieren“, erklärt sie auf Anfrage.

Neben partei- und kirchennahen Stiftungen, bietet die Hans-Böckler Stiftung – der Gewerkschaft nahestehend – eine Studien- und Promotionsförderung an. Hier spielen zwar Leistungen auch eine Rolle, werden aber immer in Relation zu den Bewerbenden gestellt. „Wir schauen dabei nicht nur auf die Noten, sondern auch sehr genau darauf, unter welchen Umständen diese erworben wurden“, erklärt Rainer Jung, Pressesprecher der Hans-Böckler-Stiftung. Ähnlich sieht es Christoph Stolpe von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zusätzlich zu den Umständen, setzt die Institution die sogenannten „überdurchschnittlichen Leistungen“ immer in Relation zu der Durchschnittsnote des jeweiligen Faches.

In den letzten Jahren wurden von dem Social Startup myStipendium.de vermehrt Stipendien vergeben, bei denen es auf Kreativität, Persönlichkeit und auf das „Anderssein“ ankommt. Dr. Mira Maier, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von myStipendium.de, erklärt: „Für unsere Zukunft müssen wir die größten Talente fördern. Mit ihren Ideen, ihrer Energie und ihrer Hingabe machen sie unsere Welt lebenswerter. Aber diese Talente erkennt man an ihrer Persönlichkeit. Nicht an den Noten.“

Auszahlen kann sich die Recherche, sofern StudentInnen – und das ist ein großer Knackpunkt – früh mit der Suche beginnen. Doch vor allem: „Nicht kleinreden! Schätze die Dinge, die du im Leben erreicht hast“ ermutigt Saga und rät insbesondere: „Kümmere dich um die Deadline, da verschiedene Dokumente in verschiedener Ausführung rechtzeitig verschickt werden müssen.“

Von Lucas Lorenz und Patrizia Tensing

Beitrag erstellt am: 25.02.2020 um 09:15 Uhr
Letzte Änderung am: 25.02.2020 um 09:15 Uhr

Portrait

… fährt gerne mit dem Fahrrad durch das Bergische Land und probiert sich gerne an neuen Anstiegen aus. Regelmäßig fährt er auch zur Universität. Dort studiert er Geschichte und Medienkulturwissenschaften ohne sich viele Gedanken zu machen, wie seine Laufbahn danach aussieht.