Es ist wieder soweit. Das dumpfe Gefühl in der Bauchgegend überkommt Phil beim Gedanken daran, dass es schon wieder Sonntagnachmittag ist. Mit jeder verstrichenen Sekunde, wächst die Paranoia des Erstis, denn er ist noch nicht bereit. Noch nicht bereit, sich von seinem viel zu schnell vergangenem Wochenende zu verabschieden. Noch nicht bereit, der ihm stets zur Seite stehenden Couch „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Und vor allem ist er noch nicht dazu bereit, seine Lieblingsjogginghose gegen ein Paar Jeans und ein frisches T-Shirt auszutauschen.
Phil hat sich das Studentenleben so schön vorgestellt. Freiheit, Parties, endlich weit weg von Zuhause. Niemand, der ihn morgens aus dem Bett schmeißt und betont, dass es bereits Zeit sei aufzustehen. Niemand der ihn auffordert, endlich sein Zimmer aufzuräumen und gefälligst darauf zu achten, die dreckige Wäsche in den Wäschekorb zu tun. Und auch niemand, der Bemerkungen darüber macht, wie spät er doch schon wieder nach Hause gekommen sei. Nein. Das Studentenleben sollte ganz anders sein. Es sollte Freude machen, spontan, überraschend und fern jeglicher Regeln sein. Doch vor allem sollte es eins: Es sollte frei sein.
Doch stattdessen bringt Phil etwas immer wieder aufs Neue zurück in die Realität. Wie eine innere Uhr verweist es ihn darauf, dass es wieder Zeit wird. Zeit aufzuwachen und sein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Denn auch wenn keiner mehr da ist, der Phil wachrüttelt, ihn lenkt, ihm den Weg zeigt, dieses Etwas ist da geblieben und verfolgt ihn wie ein Fluch. Der Feind, der Phil jede Woche in größte Angst versetzt. Die innere Uhr, die ihn daran erinnert, dass es Zeit wird aufzuwachen. Das schlechte Gewissen, das ihn ohrfeigt, weil er letzte Woche nicht alles geschafft hat, was er sich vorgenommen hatte. Die Realität, die ihn aus seinem Wochenend-traum zurückholt und all seinen Rausch wegsaugt wie aus einem staubigen Teppich. Es ist der Montag. Phils Albtraum, der ihm ständig im Nacken sitzt und ihm immer wieder zuflüstert: „Wach auf, Phil! Wach auf!“ Wenn er mal wieder die Schlummertaste drückt, ist es der Montag, der ihn daran erinnert, dass das Wochenende vorbei ist und er seine Traumwelt verlassen muss.
Es ist der Montag, sein größter Feind und wohl sein bester Freund zugleich. Denn erst, wenn Phil wach wird, merkt er, was er in seinem Rausch alles verpasst. Das Leben kann nicht nur aus Wochenenden bestehen. Der Montag, als Phils strenger Begleiter, will eben auch nur, dass er seine Augen aufmacht. Und das ist auch richtig so und nur zu seinem Bestem. Wie soll er sonst verstehen, was an einem Wochenende so schön ist, ohne die arbeitsreichen Tage als Kontrast dazu zu sehen? Und da wird Phil bewusst, dass die Welt aus vielen Wochentagen besteht und dass der Montag, als ein kleiner Teil der Woche, auch wieder vergeht.
Von Klaudia Kasek
Beitrag erstellt am: 09.07.2018 um 09:00 Uhr
Letzte Änderung am: 10.11.2019 um 14:37 Uhr