Besorgte bis abschätzige Mienen von Familienmitgliedern oder Bekannten und Kommentare wie diese: „Und was macht man dann damit?“ – „Studier’ doch lieber etwas Richtiges!“ – „Das ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes!“. Das dürfte vielen Studierenden, die sich für ein geisteswissenschaftliches Studium entschieden haben, bekannt vorkommen. Wir wollen nicht leugnen, dass die Berufswahl mit einem Studium dieser Fachrichtung nicht durchaus herausfordernd ist, schließlich gibt es nicht nur „den einen“ Beruf, den Alumni ergreifen können. Aber es gibt dennoch viele Möglichkeiten. Genau diese wollen wir, zumindest im Ansatz, mit dieser Gesprächsreihe aufzeigen und so den Studierenden unserer Fakultät Mut machen. Wir treffen auf Alumni unserer Fakultät, die genau das geschafft haben, was viele Bekannte für unmöglich halten und worüber sich einige Studierende Sorgen machen: den Übergang von der Uni in die Berufswelt.
An einem sonnigen Samstagnachmittag zu Semesterbeginn treffe ich Jakob. Er hat vor knapp zwei Jahren seinen Masterabschluss in Philosophie an unserer Fakultät absolviert und im Anschluss den Übergang in die Berufswelt gemeistert. Doch bevor wir über seinen aktuellen Job beim Film Festival Cologne sprechen, beginnen wir mit Jakobs Weg zum Studium. Nach dem Abitur zog es ihn nicht direkt an eine Hochschule. Jakob entschied sich zunächst dazu, ein freiwilliges kulturelles Jahr zu leisten und konnte so erste Erfahrungen in der Kulturbranche sammeln. Über einen Bekannten, der bereits Philosophie studierte, kam er schließlich auf die Idee, selbst ein geisteswissenschaftliches Studium aufzunehmen. Dabei reizte ihn am Fach Philosophie besonders, dass es ihn nicht nur in akademischer, sondern auch in persönlicher Hinsicht weiterbrachte: „Ich hatte zu dem damaligen Zeitpunkt einige Lebensfragen, und suchte auch ein Stück weit nach einem Gefühl der Kontrolle, Übersicht und nach Weltverständnis. Genau das habe ich im Studium gefunden. Lieblingswerke und – autor:innen werden gute Freunde und bleiben es auch für das Leben nach der Uni. Die Philosophie ist kein Therapieersatz, aber sie kann wirklich den eigenen Horizont erweitern und neue Perspektiven bieten.“
Dabei verfolgte Jakob eigentlich ein anderes berufliches Ziel, nämlich Filmregisseur zu werden. Diesen Wunsch behielt er auch mit der Aufnahme seines Studiums bei. Somit war für ihn die Frage, wo es beruflich hingehen soll, erst mal nicht so präsent, berichtet er: „Ich hab mich da ein bisschen selbst ausgetrickst und die Frage aufgeschoben, weil ich mir immer gesagt habe, ich mach das Studium jetzt ja nur vorher, also bevor ich an die Filmhochschule gehe. Ich hab einen Plan und das, was ich jetzt im Studium mache, ist reiner Wissenserwerb. Ich mache das nur, weil ich es interessant finde.“ Diese Einstellung empfindet Jakob im Rückblick auch nicht als nachteilig für seinen weiteren akademischen und beruflichen Weg, auch wenn er zugibt, dass es natürlich nicht schadet, sich frühzeitiger Gedanken über seinen beruflichen Weg nach der Uni zu machen. Ohne den Druck, sich doch endlich für eine konkrete berufliche Richtung zu entscheiden, konnte Jakob sich mit Freude den Studieninhalten widmen und verlor im weiteren Verlauf des Studiums auch nicht die Motivation: „Ich hab mir nie großen Stress gemacht, und wirklich studiert, weil ich es spannend fand.“
Rund um seinen Bachelorabschluss musste Jakob sich dann aber eingestehen, dass es für ihn doch nicht an die Filmhochschule geht. Trotz der Enttäuschung half ihm der Gedanke, schon einen Abschluss in der Tasche zu haben: „Mein Traum von der Filmhochschule ist nach und nach in den Hintergrund getreten. Auch da hat mir die Philosophie dann geholfen und ich war froh über meinen Bachelorabschluss. Ich hatte nie Zweifel, auch damit etwas anfangen zu können.“ Zudem zeigte ihm ein Praktikum während des Studiums, das er im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum absolvierte, dass es neben der Promotion durchaus Optionen für Geisteswissenschaftler*innen gibt.
Seit 2023 arbeitet Jakob beim Filmfestival Cologne. Er kannte das Festival bereits als Besucher und begann dort als Werkstudent zu arbeiten, parallel schrieb er seine Masterarbeit. Als dann eine neue Stelle ausgeschrieben wurde, zögerte Jakob nicht lange und ergriff die Gelegenheit. Er reichte seine Bewerbung ein und wurde schließlich vom Werkstudenten zum regulären Mitarbeiter. Bei seiner Arbeit schätzt er vor allem seine vielfältigen Tätigkeitsgebiete: „Ich übernehme mehrere Aufgaben. Als Programmredakteur wähle ich einerseits aus, welche Formate wir in den verschiedenen Festivalsektionen zeigen, vor allem im Bereich der Fernsehserien. Auf der anderen Seite bin ich auch so eine Art Eventmanager, der das Programm für das Fachpublikum zusammenstellt und Konferenzen organisiert.“
An vielen Stellen merkt Jakob, wie ihm sein Studium hilft, im Joballtag zu bestehen. Dabei sind es weniger konkrete Studieninhalte, als vielmehr die im Studium erworbene Arbeitsweise, die sich als nützlich erweist. Als Studierender eines geisteswissenschaftlichen Studiums gewöhne man sich angesichts des offenen und weniger reglementierten Studiums häufig eine besonders strukturierte und disziplinierte Arbeitsweise an, so Jakob. Ein gutes Sprachvermögen sowie die Freude am Umgang mit Texten, die im Studium besonders geschult werden, sind ebenso hilfreich. Zudem empfindet Jakob es als wertvoll, dass er im Studium einen gewissen Weitblick entwickelt und unterschiedliche Denkweisen kennengelernt hat.
Gänzlich abgeschlossen hat Jakob mit der Philosophie aber auch nach dem Abschied von der Uni nicht. Gemeinsam mit einem Freund und früheren Kommilitonen beschäftigt er sich nach wie vor mit philosophischen Themen und Fragestellungen, und zwar im Rahmen des Podcasts Lachen und Weinen. Jakob erklärt dazu: „Wir flanieren durch die Geistesgeschichte, sagen wir gerne. Wir wissen nie, was uns im nächsten Monat am brennendsten interessiert. Das große Geld verdienen wir mit diesem Nischenpodcast nicht – aber es hat zu schönen Dingen und Bekanntschaften geführt, wir wurden zum Beispiel schon zweimal zu philosophischen Podiumsveranstaltungen in Köln eingeladen.“
Zum Abschluss frage ich Jakob, was er Studierenden unserer Fakultät raten würde, die sich aktuell Gedanken rund um den Einstieg ins Berufsleben machen oder bei denen der Abschluss des Studiums kurz bevor steht: „Ich würde einerseits raten, so viel wie möglich aus dem Studium mitzunehmen, man darf sich ausprobieren und muss sich nicht sofort festlegen oder spezialisieren. Das Studium, insbesondere der Philosophie, hat wirklich viel zu bieten. Mein zweiter Tipp wäre, den Austausch mit anderen Kommiliton*innen, gerade auch aus den höheren Semestern, zu suchen. Zudem kann es hilfreich sein, sich die bestehenden Optionen klarzumachen. Es gibt Stellen im Kultursektor oder in der Wirtschaft, es gibt die Möglichkeit der Promotion. Und es gibt die Möglichkeit, auf ein Lehramtsstudium umzusatteln, womit man sich dann etwas mehr absichern kann.“ Aber auch bei einer Umorientierung nach dem Bachelorabschluss werde man nicht komplett zurückgeworfen, so Jakob, denn von den im Studium erworbenen Kompetenzen könne man noch lange profitieren. Abschließend ergänzt Jakob noch: „Was auch wichtig ist: Man darf und sollte sich auch immer wieder etwas entspannen und weitere Interessen neben dem Studium kultivieren. Meine Filmleidenschaft, die mit meinem Studium an und für sich nichts zu tun hat, hilft mir nun enorm in meinem Job.“
Von Mariann Schneider
Beitrag erstellt am: 17.06.2025 um 07:28 Uhr
Letzte Änderung am: 17.06.2025 um 07:28 Uhr
Über Mariann Schneider
... studiert im Master Medienwissenschaft und Medienrecht. In ihrer Freizeit ist sie gerne im Kino oder in einem der zahlreichen Cafes in Köln. Genau so gerne flaniert sie durch den Stadtwald oder liest ein gutes Buch auf dem Balkon, am liebsten von Agatha Christie.