Wir beginnen unsere Reise an der Haltestelle Severinstraße. Unter uns fahren kreischend die Straßenbahnen ein. Vor uns erstreckt sich in südlicher Richtung eine ganz eigene kleine Welt. Deutsche Backwaren, deftiges Brauhausessen, türkische Köstlichkeiten, indische Versuchungen, thailändische Leckerbissen, italienische Gaumenfreuden und spanische Tapas verströmen ihre Düfte. Streng genommen gehört das Vringsveedel, wie das Severinsviertel genannt wird, nicht zur Südstadt. Jedoch sind beide so eng miteinander verwoben, dass eine Trennung fast unvorstellbar scheint.
In einer Seitenstraße entdecken wir das Mytholon, ein mittelalterliches Kostümgeschäft. Im Cake Markt finden wir alles rund um das Backen und die Metzgerei Stürmer hat einen Wurst-Automaten aufgestellt, falls wir ein paar Bratwürste außerhalb der Öffnungszeiten benötigen. Selbstverständlich können wir auf der Severinstraße auch alles für die Schönheit tun, inklusive Nagelpflege und Haarstyling. Oder darf es vielleicht auch ein spontanes Piercing oder ein Tattoo sein? Einen kurzen Abstecher in die Maternus-Buchhandlung möchten wir uns erlauben. Eine gut sortierte Buchhandlung ist immer einen Besuch wert. Im Kino Odeon können wir bei der monatlichen Sneak Preview (dabei wird ein unbekannter, neuer Film vorgeführt) auf eine Menge Studierende treffen.
Kurz danach erreichen wir das sehr beliebte und stets gut besuchte Löwen Café. Ausgezeichneter Kaffee und selbst gemachte Kuchenspezialitäten laden ebenso zum Verweilen ein wie opulente Mittagstische. Doch wir haben noch viel vor uns, also machen wir uns wieder auf. In der Seitenstraße befindet sich übrigens das bezaubernde Lädchen Tagediebe, welches sich wirklich jeder vernünftigen Kategorisierung entzieht. Hier gibt es alles von der Grußkarte mit integrierten Blumensamen bis zum Survival-Kit für Wanderungen in der Wildnis.
Nachdem wir an Floristen und Apotheken vorbeigezogen sind, entdecken wir schon Der Eismacher, die erste der vielen grandiosen Eisdielen. Hier wechseln die Sorten häufig täglich (Gurke erfrischt im Sommer sehr!) und die Freundlichkeit der Bedienung wird nur von dem unvergleichlichen Geschmack der Eiskugeln übertroffen. Die Second Hand und Bekleidungsgeschäfte mehren sich langsam und wir schlendern in das Modegeschäft Keep Loving hinein und gönnen uns das ein oder andere Accessoire. Beim Hinausgehen fällt unser Blick auf eines der vielen Fahrradgeschäfte, die mit Reparaturen binnen eines Tages werben.
Am Severinskirchplatz erwartet uns die beeindruckende Kirche St. Severin, die werktags von 10 – 18 Uhr geöffnet hat und in der wir uns wunderbar ein wenig Entschleunigung gönnen können. Am Dienstagabend um 19 Uhr findet die Hörnchenmesse im altertümlichen Hochchor statt und freitags kann mensch sich um 11.55 Uhr für ein kleines Friedensgebet in der Kirche einfinden und im Anschluss über den dann auf dem Kirchplatz stattfindenden Öko-Markt schlendern. Ebenfalls am Kirchplatz ist, etwas versteckt, ein kleiner Jazzclub in dem gelegentlich atmosphärische Konzerte veranstaltet werden. Vorbeikommen lohnt sich!
Gegenüber der Kirche musiziert der Künstler Dylan fast täglich für das Jahrtausend-Buch, wie er es nennt. Neben dem Alnatura-Supermarkt schlägt der südstadtbekannte „Jeck“ sein kleines Lager auf und leistet mit Gitarre und Mundharmonika Öffentlichkeitsarbeit, bevor er am Abend wieder loszieht, um als ehemaliger Tischtennis-Profi seine Kenntnisse weiterzugeben.
Kurz vor der Severinstorburg, einer wunderschönen Hochzeitslocation, finden wir noch das Onigiri-Geschäft Reiseck, das die beliebten Reissnacks aus Japan täglich frisch für uns zubereitet. Dort gönnen wir uns ein Thunfisch-Onigiri für den kleinen Hunger und gelangen bald auf den Chlodwigplatz.
Wir könnten nun nach links gehen. Dort befindet sich am Ende des Severinswalls die traditionelle Pizzeria Nennillo, das pikante Bambule Chili und das bio-regionale Café Walter. Etwas versteckt in der Severinsmühlengasse erfreut sich der Deutsch-Spanische-Kulturkreis großer Beliebtheit. Bei den dortigen Feiern wird sogar bis vor die Tür ausgelassen getanzt. Ebenfalls ist die Kultkneipe, das Chlodwig Eck, dort in der Annostraße zu finden, wo die kölsche Band BAP ihre ersten Auftritte hatte und in der Jung und Alt gerne feiern – egal , ob an Karneval, zu Fußball, bei Konzerten oder einfach nur so.
Doch wir haben noch viel vor uns und überqueren die Pflastersteine des Chlodwigplatzes mit großen Schritten.
Hier stehen wir nun vor der schwierigen Wahl, ob wir in die Merowinger Straße zu unserer Rechten einbiegen oder lieber geradeaus weiter auf die Bonner Straße marschieren.
Lasst uns zuerst die Merowinger Straße nehmen und wir werden mit der sehr kleinen und putzigen Eisdiele Schmelzpunkt belohnt. Und ebenso putzig und klein sind die acht Eiskügelchen, die es zusammen mit einem Topping nach Wahl in einem biologisch abbaubaren Schälchen gibt. So lassen sich auch unbekanntere Eissorten leicht ausprobieren. Hier finden wir auch viele weitere goldige Cafés, wie zum Beispiel das Café Rotkehlchen, welches stets gut besucht ist und in dem wir auch heute keinen Platz ergattern können. Auch das Theater Comedia versteckt sich hier in einer Seitenstraße. Der Schwerpunkt liegt auf einem jungen Publikum und die Bandbreite ist reichhaltig.
Lasst uns zum Armer Ritter gehen, einem Café und einem Hotel in einem. Hier ist es zwar auch immer voll, aber zum Glück herrscht eine hohe Fluktuation, sodass wir nicht lange auf einen Tisch warten müssen. Bei all den Arme Ritter Gerichten in verschiedenster Ausführung können wir uns kaum entscheiden. Das Brot kommt übrigens aus der berühmten Bäckerei Wiens aus Nippes. Beim Essen können wir das geschäftige Treiben der Menschen beobachten und ein wenig zur Ruhe kommen.
Bei den vielen Fachgeschäften in der Merowinger Straße kann die Kreditkarte schnell mal glühen, für spontane Geschenke ist das italienische Feinkostgeschäft 3cl besonders empfehlenswert, in der euch die Inhaberin und ihr Sohn auch mal spontan einen individuellen Geschenkkorb mit allerlei Besonderem zusammenstellen.
Gut gestärkt schlagen wir uns durch die Elsaßstraße, bei der Kölner*innen naturgemäß an die Bläck Fööss mit ihrem Song „Polterovend en d’r Elsassstross“ denken müssen. Wir kommen auf der Bonner Straße heraus. Hier finden wir zu unserer Linken (also Richtung Chlodwigplatz) das ais, noch eine niedliche Eisdiele, bei der das Eis zum Bezahlen abgewogen wird, die Umibar für asiatische Fusionsküche und das Cöln Comic Haus mit interessanten Ausstellungen. Zu unserer Rechten haben wir die Pasta Werkstatt, in der es sich hervorragend dinieren lässt (die frittierten Kartoffelgnocchi mit Trüffel-Mayonnaise sind ein Gedicht!), aber auch handgemachte Pasta für Zuhause gekauft werden können, sowie Die Fette Kuh, einer der berühmtesten und ältesten Burgerläden Kölns.
Doch für all das haben wir bedauerlicherweise keine Zeit mehr. Wir gehen tapfer weiter durch die Darmstädter Straße und über die Teutoburger Straße hin zum Römerpark. Im Süden grenzt hier noch der Friedenspark an, der das Fort I beherbergt, eine alte Befestigungsanlage, die heute märchenhaft anmutet. Neben dem Volksgarten sind das die besten Orte im Kölner Süden, um etwas Natur zu tanken. Und von hier aus ist es auch nur noch ein Katzensprung zum Rheinufer, an dem unser kleiner Ausflug bald endet.
Die Rheinpromenade bietet wieder allerlei Kulinarisches, doch wir blicken einfach auf die Wellen hinaus. Es gibt viele Sitzgelegenheiten, aber auch ein großes Angebot, um sich körperlich zu betätigen, wie zum Beispiel der Beachvolleyball Plaza. Weiter im Norden finden sich die neuen Wahrzeichen Kölns, die Kranhäuser und zwischendrin auch der ein oder andere echte Kran. Und während wir hier stehen und mit einem kühlen Radler den Rhein im schwindenden Tageslicht betrachten, können wir den heutigen Ausflug Revue passieren lassen. Doch wir können uns schon auf den Winter freuen, wenn die Südstadt wieder die Glühweintour veranstaltet, die infolge der Corona-Pandemie entstanden ist und zum Trend avancierte.
Die Südstadt ist ein einzigartiger Kosmos, angefüllt mit den verschiedensten Kulturen. Mit verrückten Menschen, die ihre Ideen einfach umsetzen. Mit typisch kölschen, liebenswerten Jecken. Und mit viel, viel „Jeföhl“!
Planungshilfe für das nächste Wochenende:
Odeon; Severinstraße 81, 50678 Köln (www.odeon-koeln.de)
Salon de Jazz, Severinskloster 3a, 50678 Köln (www.salondejazz.de)
Deutsch-Spanischer-Kulturkreis; Severinsmühlengasse 1, 50678 Köln (www.spanischer-verein.com)
Comedia; Vondelstraße 4-8, 50677 Köln (www.comedia-koeln.de)
Von Alex Miko
Beitrag erstellt am: 27.11.2023 um 09:17 Uhr
Letzte Änderung am: 06.05.2024 um 07:58 Uhr
Über Alex Miko
... ist kreativ, begeisterungsfähig und überraschend. Er liebt den Winter und ist Patenonkel eines Ziegenbocks im Kölner Tierpark. Er kocht, backt, dekoriert und geht gerne einkaufen. Dafür mag er weder Fußball, noch Autos. Nebenbei studiert er noch Rechtswissenschaften.