Wahlen – war was?

Flyer und Sticker als Werbematerial zur letzten Hochschulwahl.
Flyer und Sticker – was bleibt noch von der letzten Hochschulwahl?  Foto: Tobias Schröer / .

Warum ist Hochschulpolitik bei uns so wenig präsent?

Na, hast du bei den letzten Hochschulwahlen gewählt? Wenn du diese Frage mit Ja beantworten kannst, zählst du zu einer Minderheit an der Uni Köln: Die studentische Wahlbeteiligung lag bei etwa 8% – an unserer Fakultät sogar noch unter diesem Durchschnitt. Und wenn du dich fragst, was überhaupt gewählt wurde, bist du damit sicherlich nicht allein. Wie kommt das, und können wir das ändern?

Einmal im Jahr – meist im Dezember – finden eine Woche lang die studentischen Wahlen statt. Zuletzt vom 5. bis zum 9. Dezember 2022. Wer in dieser Woche an der Uni war, konnte es praktisch nicht übersehen: Überall auf dem Campus standen plötzlich Wahlurnen und -kabinen, unter anderem im Philosophikum oder der Mensa. Trotzdem standen nicht sehr viele zum Wählen an – die einzigen Schlangen waren wohl die an den Essensausgaben.

Wer in der Wahlwoche aber keine Präsenz-Veranstaltung hatte, hat vielleicht wenig bis gar nichts von den Wahlen mitbekommen. Vor der Pandemie gab es im Vorfeld noch viel Wahlwerbung, überall hingen Plakate. Davon gab es in diesem Jahr nur noch wenige, neben ein paar Flyern oder der Wahlzeitung auf den Tischen der Mensa. Ein richtiger Wahlkampf blieb aus. So zumindest der Eindruck von mir und vielen meiner Kommiliton*innen. Auf einmal waren Wahlen, aber viele fragten sich: Was wird eigentlich gewählt?

Eine Wahl – viele Stimmen

Die Wahlen in der Uni sind umfangreicher als beispielsweise die Bundestagswahlen. Das allein mag schon abschreckend wirken und ein Grund sein, warum so wenige wählen gehen. Wir versuchen trotzdem mal, da durchzusteigen: Alle wahlberechtigten Studierenden (= alle Ersthörer*innen) haben sieben Stimmen für sechs Gremien. Drei der Gremien bestehen nur aus Studierenden. In den drei weiteren Gremien sind auch Mitarbeitende der Universität vertreten.

Schaubild der Gremien, die Studierende an der Universität zu Köln wählen können: Die Studierenden wählen an ihrer Fakultät die Engere Fakultät, Fakultätsvertretung und den SHK-Rat mit jeweils einer Stimme. Außerdem wählen die Studierenden uniweit den Senat und das Studierendenparlament mit je einer Stimme und die Gleichstellungskomission mit zwei Stimmen.
Wahlübersicht: Wer wählt was an der Uni Köln?  Foto: AStA Uni Köln / .

Das oberste studentische Gremium ist das Studierendenparlament (StuPa). Es ist vergleichbar mit dem Bundestag und setzt sich aus Fraktionen von politischen Hochschulgruppen (ähnlich wie Parteien) zusammen. Das StuPa ist zuständig für Satzungen und Ordnungen. Außerdem wählt es den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), die „Regierung“ der Studierendenschaft. Er kümmert sich um eine ganze Reihe an Projekten, darunter Beratungsangebote, eine Fahrradwerkstatt, der Hochschulsport und politische Veranstaltungen. Nicht zu vergessen dabei das Semesterticket, mit dem wir den Nahverkehr in ganz Nordrhein-Westfalen nutzen können. Finanziert wird das alles über unseren Semesterbeitrag.

Neben dem StuPa auf Universitätsebene wird ein weiteres studentisches Gremium in jeder Fakultät gewählt. Dabei hat jede Fakultät ihre eigenen Regeln. An der Philosophischen Fakultät wird die Fakultätsvertretung gewählt, die ein StuPa auf Fakultätsebene darstellt. Sie wählt einen Fakultätsrat, der bei uns Phil-SpRat (Sprecher*innen-Rat der Philosophischen Fakultät) heißt. Er leitet die Fachschaftenkonferenz, bietet Beratungen an und vertritt die Interessen der Studierenden an unserer Fakultät.

Das dritte Gremium, welches nur aus Studierenden besteht, ist der SHK-Rat (SHK = Studentische Hilfskraft). Er setzt sich für die Interessen von Hilfskräften ein und besteht aus sechs Studierenden, jeweils eine*r pro Fakultät. Alle Studierenden wählen den SHK-Rat, auch wenn sie selbst keine Hilfskräfte sind. Die weiteren Gremien, die zur Wahl stehen, sind der Senat, die Gleichstellungskommission und die Engere Fakultät.

Der Senat ist vergleichbar mit dem StuPa, jedoch für die gesamte Universität zuständig. Hier sind, neben Mitarbeitenden der Uni, drei Studierende vertreten.

Die Gleichstellungskommission wählt die Gleichstellungsbeauftragte der Universität. In der Kommission sitzen zwei Studierende, je ein männliches und ein weibliches Mitglied. Für dieses Gremium haben wir daher zwei Stimmen.

Die Engere Fakultät ist das oberste Gremium einer Fakultät. Sie ist unter anderem zuständig für Prüfungsordnungen oder die Besetzung von Lehrstühlen. Hier sind, wie im Senat, drei Studierende vertreten.

Wahlbeteiligung auf dem Sinkflug?

Wir können also an vielen Ecken mitbestimmen über unsere Rechte im Studium – und damit in einem nicht ganz unwichtigen Teil unseres Lebens. Trotzdem ist die Wahlbeteiligung aktuell sehr gering: Bei den Wahlen zum StuPa haben 2022 haben nur 8,49% gewählt. Die Philosophische Fakultät bildet übrigens das Schlusslicht: Die Engere Fakultät wurde hier nur von 5,7% aller Wahlberechtigten gewählt – so wenig wie in keiner anderen Fakultät.

Im Jahr 2015 hatte die StuPa-Wahl noch eine vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung – von 14,7%. Seitdem setzte ein Sinkflug ein. Erst langsam, und dann ganz abrupt: durch Corona. Im ersten Pandemie-Jahr 2020 fand keine Wahl statt, 2021 lag die Beteiligung bei 7,77%.

Symbolbild mit zehn Personensilhouetten. Die erste Person ist größtenteils farblich ausgefüllt zur Veranschaulichung der Wahlbeteiligung von ca. 8%.
Nicht mal eine*r von zehn Studierenden hat bei der Wahl teilgenommen.  Foto: Clker-Free-Vector-Images / Pixabay.

Dieser Rückgang durch die Pandemie ist nachvollziehbar: Nicht alle hatten 2021 schon Präsenzveranstaltungen, und wer erst seit der Pandemie studiert, hatte noch kaum bis keine Berührungspunkte mit der Hochschulpolitik. Trotzdem werden doch gerade Studierende meist als sehr politisch wahrgenommen. Warum läuft es dann bei der Hochschulpolitik so schlecht? Und was könnte „die Hochschulpolitik“ besser machen?

Dazu habe ich mich in meinen Kursen mit einer kleinen, nicht repräsentativen Umfrage umgehört. Beim Wahlverhalten ergab sich eine bunte Mischung: Manche hatten noch nie gewählt, andere schon häufiger. Von denen, die schon länger in Köln studieren, hatten manche vor der Pandemie das letzte Mal gewählt, andere bei der letzten Wahl zum ersten Mal. Was genau gewählt wurde, konnten viele nicht (mehr) sagen – selbst von denjenigen, die schon mal gewählt hatten. Verwunderlich ist das bei der Menge an Gremien wahrscheinlich nicht.

Für die meisten ist die Hochschulpolitik auch nicht sonderlich präsent im Uni-Alltag. Informationen erfahren sie am ehesten über soziale Medien oder durch Flyer, selten auch über Veranstaltungen. Letzteres betrifft jedoch eher die, die ohnehin schon politisch engagiert sind. Doch selbst diejenigen, die zum Beispiel in Fachschaften aktiv sind, fühlen sich außerhalb ihres Engagements nicht sehr informiert. Ein Grund könnte dabei die räumliche Zerstreuung an der Uni Köln sein: Elli (28) hat ihren Bachelor an der Ruhr-Uni Bochum studiert, wo für sie die Hochschulpolitik präsenter war: „Das lag aber vielleicht auch daran, dass es eine Campus-Uni war, wo alles an einem Ort war.“

„Mehr Transparenz und Präsenz – vor allem außerhalb der Wahlen!“

Abschließend habe ich gefragt, was sich die Studierenden von der Hochschulpolitik erhoffen. Einige wünschen sich bessere Unterstützung bei Themen wie Studienfinanzierung und Wohnen oder aktuell ein deutschlandweites Semesterticket. Andere nennen die Bekämpfung von struktureller Benachteiligung wie Rassismus, Sexismus und Klassismus.

Viele Wünsche betreffen auch das Informationsangebot der Gremien: Anne (25) wünscht sich „mehr Transparenz und Präsenz – vor allem außerhalb der Wahlen!“ Luci (28) sieht das ähnlich, gibt jedoch auch zu bedenken: „Zu meiner Bachelor-Zeit gab es bei den Wahlen eine regelrechte Info-Flut. Da haben dann viele aus meinem Jahrgang nicht gewählt, weil sie sich unter Druck gesetzt gefühlt haben.“ Sie schlägt eine persönlichere Herangehensweise vor: „Zum Beispiel eine Art ‚Mid-Terms‘, wo die Hochschulgruppen an den Campus gehen und die Studierenden befragen, was sie bewegt, was ihnen wichtig ist.“

Dabei findet Hochschulpolitik nicht nur hinter verschlossenen Türen statt: Die Sitzungen des StuPa zum Beispiel sind öffentlich, wie auch deren Protokolle. Trotzdem kam die öffentliche Kommunikation wohl lange noch zu kurz. An dieser Stelle hat sich aber kürzlich etwas getan: Das StuPa ist mittlerweile auf dem Instagram-Kanal stupa_uzk aktiv und verlinkt dort z. B. auch Live-Streams von seinen Sitzungen.

Geht wählen!

Hochschulpolitik. Auch wenn das Wort etwas sperrig ist und die Wahlzettel lang, so ist sie doch ein wichtiger Teil unseres Uni-Lebens. Das zeigen auch die vielfältigen Wünsche, die die Studierenden geäußert haben. Hochschulpolitik – das sind nicht nur große, medienwirksame Änderungen wie die Abschaffung von Studiengebühren. Sondern auch das Semesterticket oder Notschlafstellen – all das sorgt dafür, dass viele überhaupt erst studieren können. Und nicht zuletzt sind es auch soziale Strukturen wie die Fachschaften, die uns Studierende in unserem Uni-Alltag unterstützen.

Hoffentlich also gewinnt Hochschulpolitik bei uns wieder entsprechend mehr an Präsenz. Und: Wir haben alle die Möglichkeit, unseren Beitrag zu leisten – sei es durch Engagement in einer Fachschaft, einer Hochschulgruppe oder eben nur durch ein paar Kreuze bei der nächsten Wahl.

Instagram-Kanal des Studierenden-Parlaments: https://www.instagram.com/stupa_uzk/

Von Tobias Schröer

Beitrag erstellt am: 14.09.2023 um 21:27 Uhr
Letzte Änderung am: 14.09.2023 um 21:27 Uhr