Museum Ludwig – Gegenwartskunst am Kölner Dom

Außenfront eines Museums. Im EG ist eine Glasfront zu sehen, darüber ein grau metallenes Geschoss.
Der Haupteingang des Museum Ludwig. Foto: Anna Pashchenko.

Einblick in die Geschichte sowie in das Herbstprogramm 2023 vom Museum Ludwig. Kurzer Rückblick auf die Ausstellung der Ukrainischen Moderne.

Bei der Betrachtung der Kölnerkunstszene stechen zwei Museen besonders hervor: das Wallraf-Richartz- Museum sowie das Museum Ludwig. Die Geschichte der beiden Kunsthäuser ist miteinander verknüpft. Zuerst existierte nur das Wallraf-Richartz-Museum, welches dann allerdings während des Zweiten Weltkrieges bei einem Bombenangriff zerstört wurde. Zehn Jahre später beginnt der Wiederaufbau, und zwar an der heutigen Stelle des Museums für Angewandte Kunst in der Kölner Innenstadt. Der Bestand des wiederaufgebauten Museums füllte sich nach und nach mit einzigartigen Werken aus privaten Sammlungen. Die Sammlung von Joseph Haubrich wird von der Willy-Strecker- Sammlung ergänzt, wonach das Ehepaar Ludwig zum ersten Mal ihre Sammlung der Gegenwartskunst an das Museum dauerhaft verleiht. Doch mit der Zeit sind Irene und Peter Ludwig mit der Unterbringung ihrer eigenen Sammlung unzufrieden. Die Sammlung des Paares war so immens, dass diese ein eigenes Museum erforderlich machte.

Im Rahmen des Schenkungsvertrags zwischen dem Ehepaar Ludwig und der Stadt Köln sollte demnach ein neues Gebäude für das Wallraf-Richartz und das neuentstandene Museum Ludwig gebaut werden. Im Gegenzug schenkte das kunstaffine Paar dem Museum 350 Werke moderner Kunst. Schließlich findet im Jahr 1986 eine offizielle Eröffnung des Neubaus der beiden Museen statt. Auch wenn das Museumsgebäude zwischen Dom und Rhein erstmal zwei Museen beherbergt, beanspruchen Irene und Peter Ludwig nach acht Jahren das ganze Museumsgebäude für sich – das Wallraf-Richartz-Museum soll ausziehen. Auch dies geschieht unter der Voraussetzung einer weiteren Schenkung – 90 Werke von Pablo Picasso sollen dem Museum überreicht werden. Im Jahr 2001 öffnet das Museum Ludwig seine Türen für Besucher*innen erneut, wobei die Räumlichkeiten nun nicht mehr mit einem weiteren Museum geteilt werden. Daraufhin stiftet Irene Ludwig die weiteren 774 Werke von Pablo Picasso an das Museum.

Dank Ludwigs Beitrag ist das Museum Ludwig heute einer der wichtigsten Orte für zeitgenössische Kunst in Europa. Das Ehepaar hat insgesamt 864 Werke nur von Pablo Picasso gestiftet. Nach dem Tod von Irene Ludwig wurde die Sammlung Russischer Avantgarde sowie die 26 Werke der klassischen Moderne ebenso zum Teil des Museums, nicht zu vergessen sind über 350 Werke moderner Kunst und die im Jahr 1978 geschenkten 130 Fotografien zur Russischen Avantgarde. Dennoch wirft die Anschaffung und der Besitz solch großer Anzahl von Kunstwerken kritische Fragen auf, die unter anderem auf die Unternehmerschaft von Peter Ludwig zurückzuführen sind. Peter Ludwig, ein führender Geschäftsmann in den 70er und 80er Jahren, besaß großen Einfluss auf Politik und Kunst. Die unzähligen Schenkungen des Paares bezeugen nicht nur den Wunsch nach der öffentlichen Würdigung großer Kunst, sondern auch die Aufrechterhaltung ihrer eigenen Autorität in diesem kulturellen Bereich. Finanzielle Verflechtungen, die zwischen dem Schokoladenunternehmen Monheim AG und der Ludwigs Kunstsammlungen herrschten, wurden sogar in der Arbeit „Der Pralinenmeister“ des berühmten Konzeptkünstlers Hans Haacke thematisiert. Diese befindet sich seit 2018 im Besitz des Museum Ludwig.

Hier und jetzt. Ukrainische Kunst – raus aus der Russischen Avantgarde

Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Jahr 2022 bekommt ukrainische Kultur deutlich mehr Aufmerksamkeit als früher. Die Ukraine, die zum Schauplatz der westlichen und östlichen politischen Kämpfe geworden ist, bekam plötzlich einen besonderen Platz nicht nur in den europäischen Kunstinstitutionen, sondern auch im europäischen Bewusstsein. Das, was die Ukraine als souveräner Staat seit Jahrzehnten anstrebt, bekommt endlich auch in Europa seine Stimme. Eine radikale Trennung zwischen der Ukraine und Russland findet statt – sprachlich, politisch, kulturell und gesellschaftlich.

Das ukrainische Kulturerbe unterlag im Laufe der Geschichte unzähligen Erpressungen und politischen Verfolgungen. Dieser Zustand wurde in der Ausstellung HIER UND JETZT. Ukrainische Moderne 1900-1930 & Daria Koltsova im Museum Ludwig vom 03. Juni bis zum 24. September abgebildet und konnte vor dem Hintergrund der angespannten politischen Lage nicht aktueller sein. Die Ausstellung präsentierte Werke ukrainischer Künstler*innen, die eine lange Zeit zur Russischen Avantgarde gezählt wurden und so ihre wahre kulturelle Identität verloren haben. Dabei traten besonders Kasymyr Malewitsch und Alexandra Exter hervor, die zwar auch in Europa und Russland tätig waren, aber den ukrainischen Stil stark geprägt und weiterentwickelt haben. Der in der Ukraine geborene Malewitsch verband demnach die europäischen Eigenschaften der suprematistischen Kunst mit den vielfältigen Ausprägungen in der Ukraine und wurde zum Mitbegründer der abstrakten Kunst. Alexandra Exter, die als Kind nach Kyjiw zog, unterstützte die Volkskunst und leitete das Stickerei-Atelier, welches die Vorlagen ukrainischer Künstler zur Textilienherstellung nutzte. Werke von Oleksandr Bohomazow, Wolodymyr Burljuk und Wasyl Jermilow wurden in dieser Ausstellung ebenso als Teil der ukrainischen Kunstmoderne präsentiert.

Auffallend ist, dass neben den Leihgaben aus dem Nationalen Kunstmuseum der Ukraine und dem Museum für Theater, Musik und Film der Ukraine, ukrainische Werke aus privaten Sammlungen und Beständen des Museum Ludwig ausgestellt wurden. Vor allem die Sammlung Russischer Avantgarde von Irene und Peter Ludwig hat offensichtlich zur Bereicherung dieser Ausstellung beigetragen. Die Anschaffung dieser Exemplare durch das Paar bleibt dennoch problematisch. Denn diese wurden während des Zweiten Weltkriegs außer Landes gebracht und sind in den Besitz wohlhabender Menschen geraten. Da die Verschleppung sowie die Zerstörung der Kunst durch Russland wieder zur Realität der Ukrainer*innen gehört, wäre eine klare Stellungnahme des Museums in Bezug auf diese Situation sehr wichtig. Genauso essentiell wäre eine deutlich frühere Klarstellung der wahren Herkunft der Werke aus der Sammlung Russischer Avantgarde, und zwar unabhängig von den aktuellen Kriegszuständen, welche diesem Thema die notwendige Brisanz schenken.

Nichtsdestotrotz bot das Museum Ludwig mit dieser Ausstellung eine wichtige Projektionsfläche für ukrainische Kunst der Moderne und klärte sein Publikum in diesem wenig bekannten, aber bedeutsamen Kunstgebiet auf. Auch der Konflikt zwischen Kunst und Politik trat im Kontext dieser Ausstellung einleuchtend zutage.

Dein Herbstbesuch im Museum Ludwig

Als einer der größten und wichtigsten europäischen Museen für zeitgenössischen Kunst bietet das Museum Ludwig immer ein vielfältiges Programm an. Und auch in diesem Herbst gibt es eine Reihe interessanter Sonderausstellungen, die auf dich warten. Vom September 2023 bis Januar 2024 findet die Ausstellung Füsun Onur. Retrospektive statt, welche viele mannigfaltige Installationen von der türkischen Künstlerin präsentiert. Darüber hinaus startet im Oktober die Picasso Suite 156 Ausstellung, die den Jahrestag seines Todes zum Anlass nimmt, seine ausgefallenen Werke dem heutigen Publikum zu präsentieren. Als einer der größten Besitzer von Picassos Sammlungen nimmt das Museum Ludwig als Leihgeber und als Organisator eigener Ausstellung an dem europäischen The Picasso 1973-2023 Celebration teil. Im September begann außerdem die einzigartige Ausstellung der Fotografin Walde Huth – Walde Huth. Material und Mode. Die 250 Werke, die das Museum im Jahr 2017 geschenkt bekommen hat, präsentieren schwarzweiße sowie farbige Mode- und Werbeaufnahmen der Kölnerin. Diese pointieren die künstlerischen Eigenschaften der Fotografie und führen diese als Neuerwerbung bis März 2024 an das Publikum heran. Eine weitere Sonderausstellung ist dem ehemaligen Museumsdirektor Kasper König gewidmet. Vom November 2023 bis März 2024 wird seine private Sammlung ausgestellt, die zusammen mit der Dauerausstellung präsentiert wird.

Außerhalb der Sonderausstellungen bietet das Museum Ludwig eine der größten und vielfältigsten europäischen Kollektionen unterschiedlicher Kunst-Richtungen an: Pop-Art, deutscher Expressionismus, Fotografiegeschichte und andere einzigartige Werke zeitgenössischer Kunst. Außerdem nimmt das Museum jeden ersten Donnerstag im Monat an dem kulturellen KölnTag teil und veranstaltet den sogenannten Langen Donnerstag. Neben Ausstellungen und Führungen gibt es ein ausgefallenes Zusatzprogramm, welches Konzerte, Workshops, Lesungen, Performances und Anderes beinhaltet. Das Museum Ludwig sowie andere städtische Museen öffnen ihre Türen an diesem Tag bis 22 Uhr. Der Eintritt für Kölner*innen ist ganztägig frei, für die anderen gibt es ab 17 Uhr einen rabattierten Eintrittspreis von 7 Euro.  

Von Anna Pashchenko

Beitrag erstellt am: 06.06.2023 um 18:26 Uhr
Letzte Änderung am: 06.06.2024 um 19:31 Uhr

... studiert Deutsche Sprache und Literatur sowie English Studies an der Universität zu Köln. Neben dem studentischen Alltag versucht sie ihre ersten Erfahrungen im Kulturjournalismus zu sammeln. Ihre Freizeit verbringt sie gerne mit einem Buch oder bei einer spannenden Ausstellung.