Als ich an die Uni kam, war das Wichtigste für mich: Wo gibt’s guten Kaffee? Der Kaffee aus den Mensen ist in Ordnung und hält die Sucht im Zaum, aber richtig guter Kaffee in der Nähe ist essenziell, um sich in den Gebäuden der Universität wohlzufühlen. Ich weiß nicht, ob und wann ich das entwickelt habe, aber meine liebste fiktive Journalistin hat ein ähnliches Koffeinproblem. Mal abgesehen davon, schafft es auch Rory Gilmore nicht, ihren Bücherstapel durchzulesen, weil es einfach zu viele „die muss man mal gelesen haben“-Bücher gibt. Selbst gekochtes Essen gibt es im Hause Gilmore auch eher selten. Seit ich ausgezogen bin, erwische ich mich auch regelmäßig dabei, vielleicht doch heute eher Essen zu bestellen. Nur Rorys Streberdasein hat eher weniger auf mich abgefärbt. Der Grund für diesen Vergleich ist jedoch ein ganz anderer. Rory Gilmore war die erste Person, ob fiktiv oder real, die mich an das Thema Journalismus herangeführt hat.
Genauso wie ich dem Schülerzeitungsteam beigetreten bin und dort zwar redigiert, aber nie eigene Texte geschrieben habe, schließt sich Rory nach kurzer Zeit Schülerzeitung „The Franklin“ an, als sie auf die Chilton Preparatory School kommt. Wegen ihres Streits mit Paris, muss sie als ersten Text über die neuen Parkplätze schreiben, schafft es aber dieses so interessant zu gestalten, dass die Aufsichtslehrerin begeistert ist. Gerade dieses „sich durchsetzen wollen“ und „zeigen, dass sie es draufhat“, obwohl sie eigentlich eine zurückhaltende und konfrontationsscheue Person ist, hat mich damals nachhaltig geprägt.
In der „Yale Daily News“ arbeitet sie an ihren Fähigkeiten im Investigativ-Journalismus und untersucht eine geheime Studentenverbindung: „The Life and Death Brigade“. Dank ihrer Arbeit und die Offenheit, die sie durch ihre Freundschaften in Yale erlangt, erhält sie eine Stelle als Reporterin für Obamas Wahlkampagne. Rory Gilmore ist ein gutes Beispiel dafür, wie man sich von nichts unterkriegen lassen sollte. Außerdem zeigt sie uns wie in einer Welt, in der Extrovertierte einen Startvorteil haben, auch Introvertierte einen Weg finden können auf sich aufmerksam zu machen.
Rory Gilmore ist mein*e Lieblingsjournalist*in aus fiktiven Geschichten. Sie ist nicht nur ein gut geschriebener Charakter, sie hat mich geprägt in meinem Umgang mit anderen Menschen, meinem Umgang mit Kunst, meine Offenheit gegenüber alles und jedem und natürlich auch mein Interesse an Journalismus. Bis heute ist investigativer Journalismus eine der für mich spannendsten Aspekte im Journalismus. Sie war der erste Charakter aus einer Geschichte, mit dem ich mich verbunden gefühlt habe und aus deren Erfahrungen und Problemen ich lernen konnte.
Danke, Rory Gilmore.
Von Max Kronen
Beitrag erstellt am: 06.05.2021 um 08:37 Uhr
Letzte Änderung am: 06.05.2021 um 08:37 Uhr
Über Max Kronen
... studiert Linguistik und Phonetik und English Studies. Neben dem Studium ist er Vollzeit-Nerd. Ob Musik, Filme, Manga/ Comics, Videospiele oder mal ein gutes Buch, Max kann man dafür begeistern. Er pendelt mit der DB, doch das einzige, dass ihn wirklich daran stört, ist wenn der Zug zu spät kommt und er deshalb nicht mehr mit seinen Freunden ins Kino gehen kann.