Nachgefragt: Was StudienanfängerInnen denken und was AbsolventInnen davon halten. Unsere Interviewreihe zum Thema „Erstisorgen vs. AbsolventInnenfazit“ hat mit Ex-Tierarzt-Azubine und Lehramt-Ersti Frederike Briem schon gezeigt, dass der Weg zum Traumstudium manchmal ein paar Umwege bereithält. Oft braucht es erst entscheidende Lebenserfahrungen, um das Richtige zu finden. Tatsächlich gibt es unter meinen drei Interview-KandidatInnen niemanden, der von der Schule geradewegs unter den AbsolventInnenhut gerutscht ist: Interview-Partnerin #2 gehörte eigentlich zum Wiener Schauspielnachwuchs …
… hat Deutsche Sprache und Literatur sowie Romanistik mit Schwerpunkt Spanisch als 2-Fach-Bachelor studiert. Aufgewachsen ist sie in der oberbayrischen Landidylle und sieht daher in Kölschgläsern noch immer ein Mysterium. Und das, obwohl sie während des Studiums in einem Kölner Café gejobbt hat.
Ich war mir ziemlich sicher, da ich aus reinem Interesse angefangen habe zu studieren. Als ich von meinem ersten Semester nicht groß enttäuscht war, habe ich endgültig beschlossen, dabei zu bleiben.
Ich habe relativ wenig gewusst, denke ich. Über Linguistik sogar eigentlich gar nichts und darauf habe ich mich im Endeffekt spezialisiert. Aber ohne allzu genaue Vorstellungen und Ansprüche konnte ich nur positiv überrascht werden. Einen konkreten Wunsch hatte ich allerdings schon: Ich wollte ein Jahr in Barcelona verbringen, weil das für mein Studium sehr angebracht war. Das war ein Auswahlkriterium für Köln und ich habe es letztendlich auch so gemacht.
Ich habe mir vorgenommen: Wenn ich jetzt studiere, dann möchte ich das gut machen. Also konzentriere ich mich darauf. Ich bin einfach ein Typ der, wenn er was macht, das gut machen will. Ich studiere nicht nebenbei und mache eigentlich etwas ganz anderes, daher habe ich am Ende auch nicht mehr nebenbei gearbeitet. Das ist einfach die Art, wie ich an Sachen herangehe.
Ich hatte am Anfang schon Bedenken. Zwischen meinem Abitur und dem Studienbeginn lagen drei Jahre, in denen ich Schauspielerin werden wollte. Dafür war ich in einer Theaterkompanie am Burgtheater in Wien. In dieser Zeit habe ich sehr viel gelernt, aber auch herausgefunden, dass ich doch keine Schauspielerin werden möchte. Danach hatte ich den Anspruch, mich noch wissenschaftlich mit irgendetwas zu beschäftigen und sah das Studium als sinnvolle Kombination. Aber nach drei Jahren rein praktischer Beschäftigung am Theater hatte ich Bedenken, dass ich das theoretische Arbeiten verlernt hatte. Lesen, mich lange konzentrieren… Ich hatte Angst, dass alles wieder sehr schulisch wird, im Sinne von: Es gibt einen Lehrenden und ich als Schülerin muss genau das machen, was er sagt. So war es aber nicht.
Ich habe in keinem Moment daran gedacht, alles zu schmeißen. Aber nach meinem zweiten Auslandssemester habe ich kurz überlegt, die Uni zu wechseln und meinen Bachelor im Ausland fertig zu machen. Ich hatte gemerkt, dass ich in Romanistik doch einiges anders erwartet hatte, ohne das zu negativ zu meinen. Erst im Nachhinein habe ich verstanden, worum es an der Universität geht, wenn man Sprachen lernt. Der Wechsel hat sich einfach durch ganz viel bürokratischen Aufwand erledigt.
Ich hatte gedacht, dass das Sprachniveau der Studierenden höher ist. Tatsächlich war es zu der Zeit, als ich angefangen habe, noch so, dass man im Prinzip anfangen konnte, Spanisch zu studieren, ohne Spanisch zu können. Das ist mittlerweile auch nicht mehr so. Aber das Niveau in den ersten Semestern ist einfach nicht sehr hoch und es liegt sehr an einem selber, sich da zu verbessern. Die Uni sieht sich nicht als Sprachschule in dem Sinne. Es geht um Sprachwissenschaft und nicht um die Sprachpraxis, das war mir am Anfang nicht bewusst. Und im Nachhinein war das auch kein großes Problem. Meine Sprachpraxis habe ich im Ausland noch bekommen.
Am Anfang bin ich definitiv mit der Vorstellung ins erste Semester gegangen, dass die Romanistik mein bevorzugtes Fach ist. Das hat sich aber im Laufe des Studiums ein bisschen zur Germanistik gewandelt wegen des Niveaus. Da fand ich die Herausforderung spannender.
Am meisten Spaß hatte ich tatsächlich, wenn die Kurse gut waren und die Dozierenden mich inspiriert haben. Das passierte dann, wenn die Dozierenden auf Augenhöhe mit den Studierenden waren und es schafften, ihr Thema so anschaulich darzustellen, dass mich plötzlich auch Dinge interessiert haben, auf die ich davor nie gekommen wäre.
Ich persönlich hatte nie ein schlimmes Ereignis oder einen Zwischenfall, also keine traumatischen Erlebnisse. Aber ich habe definitiv Seminare belegt, aus denen ich nicht wirklich zufrieden rausgegangen bin. Oder als ich dann die Klausur oder die Hausarbeit geschrieben hatte, nicht wirklich das Gefühl gehabt habe, dass mich das weitergebracht hat.
Auf jeden Fall! Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht so zur Linguistik gefunden und dort nun sogar meine Bachelorarbeit geschrieben.
Was ich schön fand an der Romanistik, war zum Beispiel, dass ich dort trotz der Größe der Fakultät schon das Gefühl hatte, relativ persönlich behandelt zu werden. Dort kannten die Dozierenden auch mal den Namen und ich hatte das Gefühl, auch auf sie zugehen zu können und Fragen zu stellen. In der Germanistik war ich zwar vom fachlichen Niveau sehr begeistert, habe da aber eine viel stärkere Distanz wahrgenommen.
Was ich ein bisschen nervig fand, war immer die erste Semesterwoche und da Kurse zu bekommen. In den ersten Semestern mit den Basismodulen waren immer alle Kurse überfüllt und später kam dann noch der Wechsel von KLIPS 1 zu KLIPS 2 dazu. Sich mit diesem ganzen bürokratischen Aufwand noch mal zusätzlich auseinandersetzen zu müssen, fand ich nervig.
Die fand ich eigentlich relativ annehmbar, weil in meinen Studiengängen hauptsächlich Hausarbeiten geschrieben werden und ich mir sehr flexibel einteilen konnte, wann ich das mache. Ich war also nie komplett überfordert, weil ich tausend Sachen gleichzeitig machen musste. Was mir persönlich schwergefallen ist, war es, zwei Projekte oder Arbeiten gleichzeitig zu schreiben. Das habe ich einmal versucht und es hat einfach nicht funktioniert. Da haben auch direkt die Noten drunter gelitten.
Ich glaube, es war vor allem der Moment, als ich aus dem Ausland wiedergekommen bin. Die Umstellung zurück in die Routine hier, kann sehr schwerfallen. Ich dachte, ich würde mit ganz anderer Energie an die Sachen rangehen, bin aber doch sehr schnell in meinen Trott zurückgefallen, denn hier hatte sich nichts verändert. Wieder motiviert hat mich da auf jeden Fall der Blick darauf, dass es dem Ende zuging und ich bald einfach mal ein Resultat haben würde. Zu der Zeit hatte ich innerlich Zweifel, was ich eigentlich gelernt habe in diesem Studium. Das hat sich für mich erst im Laufe des dritten Jahres herauskristallisiert, als ich Revue habe passieren lassen, was ich denn vor dem Studium gewusst habe. Zum Beispiel wie ich Sachen gelesen habe und an Probleme rangegangen bin. Da habe ich doch bemerkt, dass ich da viel gelernt habe.
Es ist mein achtes Hochschulsemester, aber mein sechstes Fachsemester wegen der zwei Urlaubssemester, in denen ich im Ausland war. Regelstudienzeit war eigentlich nicht relevant für mich, zumal ich davon ausgegangen bin, nicht in der Regelstudienzeit fertig zu werden. Ich hätte vielleicht auch ein Semester weniger brauchen können.
In den ersten zwei Jahren habe ich mich definitiv auf die Inhalte konzentriert, weil ich auch mit dieser Vorstellung ans Studium rangegangen bin. Jetzt bin ich aber an einem anderen Punkt, an dem ich mir überlege, wie es jetzt weitergeht.
Ich freue mich jetzt auf jeden Fall auf etwas Neues. Also ich bereue überhaupt nicht die Zeit, die ich hier hatte, aber ich merke, dass ich Lust auf neue Aufgaben und neuen Kontext habe. Den 2-Fach-Master in Köln werde ich nicht anschließen.
Im ersten Jahr habe ich in Ehrenfeld in einer WG gewohnt und nach der Auslandzeit in einer WG in Kalk. Da hatte ich insgesamt Glück mit meinen MitbewohnerInnen und den Wohnungen an sich. Das war alles sehr entspannt und hat mir auf jeden Fall gefallen. Ich fand es auch spannend, in zwei so unterschiedlichen Vierteln gewohnt zu haben, beziehungsweise auf den beiden Rheinseiten. Ich würde es wohl wieder so machen.
Auf jeden Fall. Wenn auch vielleicht nicht so viele, wie man erwarten würde, weil ich eben das zweite Studienjahr komplett weg war. Da habe ich dann doch sehr viel verpasst und manche Sachen haben sich dann einfach verlaufen. Aber die wenigen Freunde, die ich gefunden habe, sind gute und enge Freunde. Die meisten Kontakte sind dabei allerdings durch meine Mitbewohner und deren Freundeskreise entstanden. In der Uni selbst habe ich verhältnismäßig wenige Menschen kennengelernt. Besonders in der Germanistik saß ich sehr selten mal mit einer Person in zwei Veranstaltungen, dafür ist der Studiengang einfach zu groß.
Ich kann tatsächlich nicht sagen, dass es der Karneval war. Die ganzen Menschen, Scherben und Müll, das ist einfach nicht meins. Was ich am schönsten fand, war die Offenheit der Kölner und dass es total egal ist, wo man herkommt. Zum ersten Mal in Deutschland habe ich mich völlig frei von Vorurteilen gefühlt. In Oberbayern wird man als jemand, der so redet wie ich – also Hochdeutsch – nie ganz akzeptiert. Das fand ich in Köln super toll. Was mich aber auch fasziniert hat, war die Biergröße. Diese kleinen Dinger!
Der Blücher-Park, der ist ganz toll. Wie eine kleine Oase, direkt neben der Autobahn, was ich irgendwie lustig finde. Und da ist ein See und ein kleiner Kiosk, an dem man etwas essen kann. Das ist ein sehr idyllischer Ort. Außerdem der Baudriplatz in Nippes. Da ist eine total nette Viertelatmosphäre, die ich sehr gerne mag. Und der Fühlinger See.
Ich glaube, das Leben daneben. Weil es da einfach viel mehr einem selbst überlassen ist. In der Uni hat man doch relativ klar vor Augen, was man zu tun hat und was die temporären Ziele sind. Das Leben bietet viel mehr Hürden. Ich meine damit zum Beispiel zwischenmenschliche Beziehungen und Begegnungen, aber auch generelle Fragen: Was möchte ich eigentlich vom Leben? Wo soll es hingehen? Nicht nur beruflich, sondern generell. Das sind Fragen, die einem so ein Studium nicht beantworten kann.
Ich würde ihm sagen, dass es sich in keinem Moment unnötig stressen soll, weil alles irgendwie eine Lösung findet. Und dass es auf jeden Fall so viel im Studium aufnehmen und mitnehmen sollte, wie es geht. Auch zusätzliche Angebote oder Workshops, weil man an vieles nie wieder so einfach und günstig rankommt.
Dieses Interview wurde geführt im Sommer 2018.
Von Jana Niedert
Beitrag erstellt am: 10.04.2019 um 12:25 Uhr
Letzte Änderung am: 09.11.2019 um 23:18 Uhr