Bretter, die die Welt bedeuten

Sicht von Füßen
Solch eine Möglichkeit gibt es selten: Einen Klassiker, das Nokia-Handyspiel „Snake“ mit den Füßen spielen ( Foto: ///////////fur////, Daniel Knappe))

Eine einzigartige Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum begleitet ihre BesucherInnen spielerisch durch 2000 Jahre Spielegeschichte.

Sie sind so alt wie die Menschheit selbst: Spiele. Schon die Kelten und Römer spielten miteinander. Auf einer kleinen Steinplatte ist das Mühle-ähnliche Spiel eingelassen. Die dazugehörigen Spielkugeln liegen darauf als hätten die Spielenden gerade erst aufgehört. Das einzige was daraufhin deutet, dass diese wohl schon länger nicht mehr mitspielen, ist die Vitrine, die das Spiel vor den neugierigen Fingern der BesucherInnen schützt. „Bretter, die die Welt bedeuten“ so lautet die aktuelle Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum.

Hinter der großen schweren Tür zum Ausstellungsbereich des Museums erwartet die BesucherInnen ein facettenreiches Angebot aus Spiel, Spaß und Wissen. So werden sie selbst zu einer Spielfigur, die sich durch die Ausstellung würfelt. Der Zugang ist vielfältig: Die digital Affinen können anhand der dazugehörigen App die Ausstellung interaktiv miterleben. Der aktuelle High-Score der Spielenden ist auf einem Bildschirm nachzuverfolgen. Wer ganz klassisch durch die Ausstellung flanieren möchte, folgt einfach den Spielpunkten, die im Boden eingelassen sind.

Und schon geht es los: Neben dem verspielten Eingangsbereich führt eine Treppe ins Obergeschoss. Dort beginnt dann die Reise durch die Geschichte der Spiele. Prachtvoll verziert steht dort ein Schachspiel, das dem Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Maximilian Friedrich von Königsegg Rothenfels gehörte. Die eindrucksvoll verzierte Spielplatte wurde aus verschiedenen Hölzern angefertigt und ist an Eleganz und Feinheit kaum zu übertreffen. „Spiel als Luxus“ lautet dieser Teil der Ausstellung. Johanna Cremer, die Kuratorin der Ausstellung, erklärt: „Das sind einfach Spiele die zur Repräsentation dienten, also gerade das Schachspiel, das ist ja ein strategisches Spiel wo man Taktik an den Tag legen musste. Strategie und Taktik, das waren natürlich auch Tugenden, die einen guten Herrscher auszeichneten. Das heißt, es ging auch immer um einen gewissen Stellenwert, der vermittelt werden sollte an die Außenstehenden.“

Die Ereignisse der Geschichte sind gespiegelt in den Spielen der Zeit

Hier wird deutlich, dass sich hinter dem vermeintlich Unterhaltenden oft auch eine tiefere Bedeutung verbirgt. Die Ereignisse der Geschichte spiegeln sich in den Spielen der Zeit. So spielten die Menschen während der Industrialisierung und der zunehmenden Mobilität gern „die Reise nach Paris“ – ein Brettspiel. Die Geschichte der Spiele ist wie das Spiel der Geschichte vielfältig – so beeindruckend wie die filigrane Kartenpresse aus dunklem Holz, so schockierend und abstrus wirken die Spiele, die ihre Spieler bewusst formen sollten. Seien es die Spiele aus dem 19. Jahrhundert, die die Kinder auf ihre späteren Geschlechterrollen formen sollten oder die Spiele aus der Zeit der NS-Propaganda.

Lokomotiven auf Spielbrett

Wie eng also Spiele mit unserer Lebenswelt verknüpft sind, wird manchem BesucherIn erst im Laufe der Ausstellung bewusst. So auch dem Student Filip Elekes, der an einem Samstagvormittag durch die Ausstellung schlendert: „Ich habe Spiele eigentlich immer als modernes Phänomen gesehen. Natürlich wusste ich auch, dass die Leute schon in der Antike gespielt haben aber nicht, dass das wirklich so nah an unserer Realität ist. Das ist etwas Neues für mich.“

Und so kann die BesucherIn hier viel Neues, aber auch Vertrautes entdecken. Mit der Digitalisierung der Spiele veränderte sich auch der Zugang zum Spiel. In Zeiten von Virtual Reality-Spielen und der PS4 wirkt der, in den 80ern als das Highlight präsentierte, Videocomputer VC 4000 geradezu rustikal.

„Spiel mit!“

Im unteren Teil der Ausstellung schreitet die neugierigen Spielerenden durch einen Torbogen. „Spiel mit!“ steht auf ihm geschrieben und diese Einladung ist wörtlich gemeint. Hier dürfen die BesucherInnen viele Spiele, die als Exponat gezeigt wurden einmal selbst ausprobieren: Seien es die vielen Brettspiele aus den unterschiedlichsten Epochen oder ein Rennspiel auf dem VC 4000. Ein absolutes Highlight ist auch der Handyspiel-Klassiker Snake, der hier in einer großen Version in den Boden eingelassen ist und bis zu vier Spielern die Möglichkeit bietet der kleinen Schlange gemeinsam mit den Füßen den Weg zu leiten. Innerhalb von Sekunden werden die BesucherInen wieder zum Kind. Das sei durchaus beabsichtigt, erzählt die Kuratorin Johanna Cremer: „Ich wünsche mir eigentlich für die Ausstellung, dass die Menschen, die die Exponate gesehen haben doch auch unten das eine oder andere ausprobieren. Also, dass man hier wirklich die Möglichkeit hat, was im Museum so untypisch ist, wo man sonst nichts anfassen darf, auch mal wieder die Freude am Spielen entdeckt.“

Bild von einer Verpackung eines Computerspiels

Dieses Konzept geht auf und so sind die Spielenden, jung und alt, begeistert von der Ausstellung. Filip Elekes testet gerade selbst den VC 4000 als er auf die Frage antwortet wie ihm die Ausstellung gefällt: „Sehr gut, ich habe jetzt wirklich eine ganz andere Sicht auf die Welt des Spielens sozusagen. Vor allem das Schachspiel hat mich dazu inspiriert darüber nachzudenken wie lange es das eigentlich schon gibt. Also diese ganzen Spiele, die einem bekannt vorkommen von Zuhause, die gab es auch vor 200 Jahren schon genau in dieser Form. Das ist wirklich interessant.“

Noch bis zum 26. August hat man die Chance diese einzigargartige Ausstellung „Bretter, die die Welt bedeuten“ im Kölnischen Stadtmuseum zu besuchen.

Dauer der Ausstellung: 05. Mai – 26. August 2018
Öffnungszeiten:
Dienstag: 10–20 Uhr
An Feiertagen bis 17 Uhr
Mittwoch bis Sonntag: 10–17 Uhr
KölnTag (1. Donnerstag im Monat): 10–22 Uhr
Montags geschlossen
Eintrittspreise:
Ständige Sammlung
€ 5,00, ermäßigt € 3,00
Sonderausstellungen
€ 5,00, ermäßigt € 3,00
Kombikarte
€ 7,50, ermäßigt € 5,00

Von Eva Burghardt

Beitrag erstellt am: 19.07.2018 um 09:20 Uhr
Letzte Änderung am: 10.11.2019 um 14:30 Uhr