Für alle, die das immer gleiche Ikea-Poster nun schon in der zehnten WG-Küche gesehen und Lust auf etwas Besonderes an den heimischen Wänden haben, bietet die artothek Köln eine perfekte Möglichkeit. Seit 1973 können hier Werke von internationalen und Kölner KünstlerInnen ausgeliehen werden und für zehn Wochen zu Hause oder am Arbeitsplatz einziehen. Die Sammlung der artothek umfasst zeitgenössische Werke zahlreicher Stilrichtungen und Techniken, wie Fotografien, Drucke, Malereien und Zeichnungen.
Die Idee der Kunstausleihe startete als Experiment in einer Zeit, in der sich immer mehr KünstlerInnen und GaleristInnen in Köln ansiedelten. Sie stammt von Kunsthistoriker und Direktor der Stadtbücherei Horst-Johannes Tümmers. Ihm war es wichtig, eine Verbindung zur Kölner Kunstszene zu schaffen und einen möglichst breiten Überblick über die Gegenwartskunst zu geben. Aus diesem Grund existiert schon von Anfang an eine enge Zusammenarbeit mit dem Kölnischen Kunstverein und dem Museum Ludwig und neben der Ausleihe finden in der artothek auch regelmäßig Ausstellungen statt.
Ausgangspunkt der Initiative war der Wunsch, „richtige Kunst“ nicht länger nur einem kleinen Publikum mit ausreichend Kapital zur Verfügung zu stellen. Vielmehr steht die Demokratisierung der Kunst im Vordergrund, um auch weniger gut betuchten Kunstliebhabern die Möglichkeit zu geben, sich intensiv mit Werken auseinander zu setzen. Dank der artothek, die mittlerweile dem Kulturamt der Stadt Köln angegliedert ist, kann eine tiefgehende Beschäftigung mit fachgerecht gerahmten Leihgaben im eigenen Zuhause stattfinden.
Denn Werke sind vielschichtig und nicht alle Aussagen werden bei der ersten Begegnung klar. Oft bestimmen eingeübte Wahrnehmungsmuster die Betrachtung und so sehen die Rezipienten das, was sie erwarten.
Das tägliche Aufeinandertreffen mit einem Kunstwerk in einem sehr privaten Kontext lässt neue Facetten entdecken und verschiedene Formen der Annäherung erfahren. So überwindet der Betrachter Wahrnehmungsmuster und findet neue Wege des Begegnens und Kennenlernens, welche sich in Inspiration, Unverständnis oder auch neuen Interpretationsmöglichkeiten zeigen. Die Kunstausleihe, die ähnlich wie eine Bibliothek funktioniert, ermöglicht ein neues In-Kontakt-treten, das mit einem Museumsbesuch kaum vergleichbar ist.
Der Ausweis der artothek kostet fünf Euro im Jahr, für jede Ausleihe werden dann weitere sechs Euro berechnet. Wer sich aus Angst vor einem möglichen Unfall mit dem Bild jetzt schon Sorgen um Rente und Zukunft macht, der sei beruhigt: Die sechs Euro beinhalten eine Versicherung, die im Fall der Fälle in Kraft tritt. Natürlich verlassen sich die Betreiber auf einen achtsamen Umgang mit den Leihgaben.
Eine Onlinedatenbank ermöglicht schon vor der Ausleihe die Sichtung der Werke. Dort wird auch direkt ersichtlich, ob oder ab wann diese verfügbar sind.
Die artothek – Raum für junge Kunst bietet eine ganz besondere Form der intensiven Kunstbegegnung. So können alle Kunstbegeisterten ihre Küche mit aktuellen Werken schmücken, ohne diese selbst besitzen zu müssen.
Von Marlene Iris Happ
Beitrag erstellt am: 17.11.2017 um 18:22 Uhr
Letzte Änderung am: 10.11.2019 um 22:37 Uhr