Das Mädchen mit dem Traum von einer besseren Welt

Portrait einer jungen Frau
Malala Yousafzai. Foto: Southbank Centre

Noch immer redet die Welt von Malala Yousafzai. Das mutige Mädchen, das sich weltweit für Bildung von Kindern einsetzt; das Mädchen, das den Friedensnobelpreis erhalten hat; das Mädchen, das von den Taliban angeschossen wurde.

Über 72 Millionen Kinder auf dieser Erde haben keinen Zugang zu Bildung – der Großteil dieser Kinder sind Mädchen. Pakistan ist eines der Länder, in denen die bildungspolitische Situation für Mädchen besonders schlecht ist. Viele Mädchen und junge Frauen wachsen dort in dem Glauben auf, dass sie entweder nicht das Recht auf Bildung haben oder diese nicht benötigen. Anders jedoch Malala Yousafzai. Die 17-jährige Pakistanerin kämpft gemeinsam mit ihrem Vater seit vielen Jahren für die Verwirklichung von Kinderrechten. Sie ist die jüngste Kinderaktivistin, die sich für Bildung einsetzt und wurde im letzten Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

In der westlichen Welt verehrt, aus dem Vaterland verbannt

Durch ihr Engagement erfährt Malala in großen Teilen der Welt enormen Respekt. Sie ist eine junge Frau, die schon im frühen Alter angefangen hat, sich für ihre Träume einzusetzen. Im letzten Jahr schrieb sie das Buch „Ich bin Malala“, in welchem sie davon berichtet, mit welcher Ohnmacht sie den Einzug der Taliban und die damit verbundenen Konsequenzen für Mädchen und Frauen in Pakistan beobachten musste. In ihrer Heimat, der Kleinstadt Mingora im Swat-Tal, stoßen ihre Handlungen jedoch nur vereinzelt auf Begeisterung. Ein Großteil der Bevölkerung sieht sie als Verräterin der eigenen Kultur und Religion. Die Taliban sprachen sogar öffentlich Drohungen gegen Malala aus.

Die Drohungen führten dazu, dass sich am 9. Oktober 2012 das Leben von Malala Yousafzai und ihrer Familie für immer veränderte. Es war ein gewöhnlicher Tag: Nach der Schule fuhr sie mit dem Schulbus nach Hause und saß mit ihren Freundinnen eng zusammengerückt in dem kleinen Fahrzeug. Zwei weiß gekleidete Männer stoppten den Bus und fragten nach Malala. Einer der Männer schoss dreimal auf sie, dabei traf ein Schuss ihr Gesicht. Zwei weitere Mädchen erlitten ebenfalls Verletzungen. Nach einer Notoperation wurde sie nach England ausgeflogen, um sich von Spezialisten behandeln zu lassen. Sie verließ willen- und bewusstlos ihr Land und darf auch jetzt, nach fast vollständiger Genesung, nicht zurückkehren. Die Taliban erklärten sie zum öffentlichen Feind und verbreiten ihren Hass auf Malala im gesamten Land.

 Scharia als Rechtssystem

Nun stellen sich Menschen auf der ganzen Welt die Frage: Wie kann es sein, dass die Taliban einen gezielten Mordanschlag auf ein 17-jähriges Mädchen verüben?

Malala ist schon seit ihrer Kindheit ein ungewöhnliches Mädchen. Ihre Eltern Ziauddin und Tor Pekai Yousafzai erzogen ihre Tochter sowie ihre zwei Söhne zu eigenständigen, willensstarken Personen. Als religiöse und heimatverbundene Familie wurde den Kindern jedoch stets ein liberales Bild von Religion vermittelt. Der Umgang in der Familie ist freundschaftlich, auch die Frauen werden um Rat gefragt. Als Verfechter des friedvollen Islams konnte sich ihr Vater Ziauddin nie mit der Philosophie des Taliban-Anführers Maulana Fazlullah anfreunden und sprach sich schon früh öffentlich gegen die Taliban aus. Er unterstützt seit jeher Bildung für Kinder und eröffnete sogar eine Schule. Er ermuntert auch Malala dazu, ihre Meinung zu vertreten und sich nicht entmutigen zu lassen.

Als die Taliban 2008 die Region des Swat-Tals einnahmen und die Scharia als einzig gültiges Rechtssystem verkündeten, berichtete Malala in einem Blog zunächst anonym über den Alltag von Frauen in diesem System und die damit verbundenen Probleme. Sie stellte die Situation in ihrer Heimat dar: die ständigen Explosionen, die Unmündigkeit von Frauen und die öffentliche Gewalt gegen diese. Sie verbreitete die Realität der Terrorherrschaft und machte auf das herrschende Grauen aufmerksam.

„One child, one teacher, one pen and one book can change the world!“

Als 2009 die Taliban von der Armee vertrieben wurden, begann Malala ganz offiziell von ihren Erfahrungen zu erzählen und sich politisch zu engagieren. Mit gerade einmal zwölf Jahren wurde sie als die „Stimme der Mädchen“ in den pakistanischen Medien bekannt und sprach an öffentlichen Veranstaltungen über Kinderrechte, nahm an Debatten teil und gab zahlreiche Interviews. Besonders bekannt wurde ihr Ausruf, dass schon ein Kind, ein Lehrer, ein Stift und ein Buch die Welt verändern können. Warnungen und Drohungen hielten sie und auch ihren Vater nicht davon ab, weiterhin für mehr Bildung zu kämpfen.

Ihr gutes Herz und enormes Engagement führten zu dem Anschlag im Jahre 2012, der darauf abzielte, ihr das Leben zu nehmen und die „Stimme der Mädchen“ verstummen zu lassen. Laut Ärzten grenzt es an ein Wunder, dass Malala ihre gravierenden Verletzungen überlebte. Vielleicht ist ihre Genesung jedoch auch nur eine logische Konsequenz aus der Tatsache, dass Malala auf dieser Erde noch gebraucht wird. Sie hat einen Kampf zu gewinnen, der ihr Vaterland in eine bessere Zukunft führen soll.

Von Shaheen Welling

Beitrag erstellt am: 31.05.2015 um 22:59 Uhr
Letzte Änderung am: 02.12.2019 um 19:02 Uhr