#besetzt

Schmierereien auf der Klotür
Ist das Kunst oder ist das fürs Klo? Foto: Jerine Lay

Eine Tür rechnet ab.

Willst du die Problemzone deiner Universität ergründen, musst du bei ihr auf’s Klo gehen. Da, wo du endlich mal ungeniert die Hosen runterlassen kannst. Da, wo P.C. noch kleiner geschrieben wird als WC … wo sie Witze über deine Mudda reißen!

Nirgends liegen Shitstorm und Kloschüssel so dicht beieinander. Gerade noch Platz dazwischen für einen Menschen mit ausgestrecktem Schreibarm. Hier geben sich die HaterInnen die Klinke in die Hand und finden sowas wie ein Sprachrohr: die Klotür!

Sie ist ‘ne harte Tür, und wahrscheinlich vollgekritzelter als so manch ein Berghain-Türsteher. Im knallharten Türbiz ist sie wohl die grausamste Sau von allen und weiß genau, wie die Geschäfte des studierenden Jungvolkes so laufen. Dennoch, sie ist verständnisvoll – jedem gegenüber. Du kannst mit deinen Problemen immer zu ihr kommen. Egal, ob du ein Ultra der Nordkurve bist und gegen die Südkurve hetzen willst oder ein abgefuckter HumFaker. Sie behält es für sich und schreit es doch jedem ins Gesicht. So hält sie auch dir den Spiegel der Vorsitzenden vor, sie provoziert und will nicht gefallen.

Unter ihren Kolleginnen, wie der Falltür, Glastür oder dem scheinheiligen Adventstürchen, wird sie leider verschrien als obszön und vulgär. Nicht jede schafft es eben, als Hochglanzeingangstür eines Prunkbaus im Scharnier zu hängen. Was wissen die denn schon über die seelischen Bedürfnisse der Studis im Bologna-getakteten Unibetrieb? Eben. Gar nix! Auch, wenn die Klotür nicht so rumgekommen ist wie die Drehtür, so ist sie doch erfahren und vom Leben nur so gezeichnet. Dank des Löschens von älteren Timeline-Beiträgen durch handelsübliche Lösungsmittel misst sie unabdingbar den Puls der Community. Was oben passiert, wird unten kommentiert – abseits von Socialising und Friendzoning. Der Bachelor wird zum Bash’ler, der deine(n) Diss despektierlich disliked – im Kampf der Fäuste, bei dem Goethe dem Ghetto unterliegt!

Liebe Klotür, du und die Philtrat, ihr werdet garantiert keine wahren Freunde werden! Unüberbrückbare Differenzen könnten dafür ein Grund sein. Während die Philtrat bemüht ist, den Unialltag auf eine – sagen wir mal – eloquente Art und Weise zu filtrieren, hängst du mit den deinigen im Untergrund ab. Dennoch habt ihr einiges gemeinsam: Ihr beide seid Nischenprodukte und alles in allem ja auch so eine Art Sprachrohr. Jedoch nicht so wie Dutschke oder de Beauvoir! Du vielleicht eher wie ein Mahnmal des lautlosen Widerstandes und die Philtrat wie das Megafon, das deinen Klagen zumindest kurz eine Stimme verleiht.

Und jetzt auch noch das: Sie schließt schmutzige Klotüren in ihr Herz. Aber hey: Hättest du einen Twitter-Account, liebe Klotür, die Philtrat würde dir zumindest folgen. Bitte bleib so, wie du bist!

Von Andreas Lemcke

Beitrag erstellt am: 31.05.2015 um 23:42 Uhr
Letzte Änderung am: 21.11.2019 um 11:24 Uhr