Ein leichtes Räuspern geht durch den Raum, das Kerzenlicht wirft samtweiche Schatten auf den in Szene gesetzten Schreibtisch, die Zuhörer warten mit lauschendem Ohr in gespannter Atmosphäre auf die ersten Worte.
Diese gehören den Veranstaltern, die begeistert die heutigen JungautorInnen ankündigen. Zahlreiche Menschen bevölkern das Café Fleur, sodass es nicht nur unmöglich ist noch einen Sitzplatz zu ergattern, sondern es schon schwierig ist, überhaupt Zugang zum Café zu finden. Das Publikum wird von Kronleuchtern und gemütlichem Kerzenschein in die richtige Stimmung für die Lesung gebracht. Mit einem Bier in der Hand und den Augen auf den Schreibtisch gerichtet hören Studierende und Nichtstudierende den Werken von vier verschiedenen SchriftstellerInnen zu.
Zuerst erscheint die junge Autorin Pauline Schinkels, die mit ihrem emotional geschriebenen Prosa Stück einen interessanten Start in den Abend bietet. Der nachfolgende Autor Jan Schillmöller erzählt in seinem Werk von einem Museumsbesuch und liest einige Kapitel seiner Arbeit, die er als Filter eins bis drei bezeichnet. Seine Schreibweise fällt durch starken Sarkasmus und detaillierte Absurdität auf. Auch die vorletzte Autorin Jenifer Johanna Becker zeichnet sich durch eine besondere, radikale Schreibweise aus und philosophiert in ihrem Werk über Alkoholkonsum und Lebendigkeit. Sie hat schon einige Texte veröffentlicht und wurde 2011 sogar mit dem Literaturpreis Prenzlauer Berg ausgezeichnet.
Zuletzt erscheint die kleine Berühmtheit aus Solingen, Özlem Özgül Dündar, die mit lyrischer Kunst beeindruckt. Ihre 15 vorgetragenen Gedichte polarisieren; sie treffen auf großen Zuspruch, aber ebenso auf Unverständnis unter dem Publikum. „Transferiere dich in die Schönheit hinein“, liest die mit dem Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis ausgezeichnete Autorin. Sie beschäftigt sich nun auch mit dem Schreiben für Theater, ihr Schwerpunkt liegt allerdings nach wie vor auf dem Verfassen von Lyrik.
Vier außergewöhnliche Newcomer, manche aus Köln und Umgebung, andere aus ganz Deutschland, die sich die Gelegenheit vor interessiertem Publikum in einer medienbewussten Metropole wie Köln nicht entgehen lassen wollen.
Events wie dieses beweisen wieder einmal, dass junge Menschen durchaus an Literatur interessiert sind und das oftmals eingestaubte Image der Literaturwissenschaftler oder die aussichtslosen Berufschancen für junge Autoren nicht zwangsläufig aktuell sind. Alle Anwesenden sind begeistert und nach dem Event schon gespannt auf die nächste Lesung.
Schon zum fünften Mal findet die Veranstaltung Land in Sicht in dem geschmackvoll arrangierten Café Fleur statt. Das von Studierenden ins Leben gerufene Event findet monatlich innerhalb des Semesters statt und soll sowohl auf regionale als auch auf bereits bekanntere JungautorInnen aufmerksam machen. Das Ambiente erschafft eine angenehme Atmosphäre, um sich den literarischen Ergüssen von und mit Gleichgesinnten hinzugeben. Die Lesereihe orientiert sich stark an dem erfolgreichen Konzept von Kabeljau und Dorsch (Lesereihe in Berlin) und schafft es schon jetzt, erfolgreiche SchriftstellerInnen wie Özlem Özgül Dündar einzuladen.
Die Veranstalter agieren zum Teil aus Leipzig und haben mit ihrer Lesereihe ein erfolgreiches Konzept in Köln etabliert. Sie bieten allen Interessierten eine Plattform, um sich über Literatur auszutauschen und zeigt eindeutig, dass Literatur weder eingestaubt noch ins Bücherregal gestellt werden sollte. Es scheint ganz so, als wäre wirklich Land in Sicht für junge Autoren. Und das nun monatlich!
Die nächste Lesung findet am 14. Mai 2015 um 20.00 Uhr im Café Fleur statt. Lesen werden sowohl Newcomer als auch alte Hasen im Literaturbusiness. Dabei sind Rabea Edel, Christoph Danne, Lara Theobalt und Fiona Sironic.
Von Shaheen Welling
Beitrag erstellt am: 09.05.2015 um 10:33 Uhr
Letzte Änderung am: 02.12.2019 um 19:03 Uhr